Santogold, Berlin, Tape Club


Baby it ain't over 'til it's over: Santogold ist im Haus und geht schnell wieder. Super war's trotzdem.

Nach einer halben Stunde ist alles vorbei. Dafür hat man also Schlange gestanden, vor einer Lagerhalle im Niemandsland hinter dem Berliner Hauptbahnhof, zwischen all den Hipstern dieser Stadt: für dreißig Minuten Santogold. Und die Schlange war lang, die dreißig Minuten hingegen kurz. Auch gut, keine Frage, aber eben: kurz.

Das Konzert ist nur Teil einer Party im Tape Club, weswegen sich drinnen ein mithin bizarres Bild bietet: Santogold, heißester Scheiß, gefeierter Newcomer mit einer DER Platten des Jahres, ist im Haus, um ihren ersten und vorerst auch einzigen Deutschland-Gig zu spielen – und im Nebenraum tanzen die Leute zu irgendwelchen Techno-DJs unbeirrt weiter. Wie töricht ist das denn, bitte? Auch Santogold hat einen DJ dabei, der mit einem eklektizistischen Set das Intro für das Konzert bestreitet. Vor allem „Roxanne“ von The Police sorgt im Publikum für Freude und lange Gesichter gleichzeitig. Das Set funktioniert wie ein Hinweis: Jetzt kommt die Frau, die sich 2008 wie keine andere über Genre-Grenzen hinwegsetzt, selbstbewusst und geschmackssicher. Stings Gesang hallt noch nach, da bricht schon der Beat von „Creator“ über die Leute herein. Wie aus dem Nichts ist Santi White plötzlich da. Sie trägt eine rote Sonnenbrille und ist ziemlich klein. Man sieht sie kaum, was aber auch daran liegt, dass sie auf der Bühne herumwuselt wie ein Wirbelwind. Oft singt sie vornübergebückt, shoutet diese hysterisch-hohen Vocals. Der Club tanzt, es knistert überall.

Der zweite Song ist „L.E.S. Artistes“. Mutig, die größten Hits direkt zu Beginn rauszuhauen, aber wenn ein Album so viele so tolle Songs hat wie Santogold, kann man sich das auch über die Länge eines Konzerts leisten. Denkt man noch anerkennend. Santi performt toll, bewegt sich viel, trifft die Töne sicher, scheint Spaß zu haben. Umso doofer gucken alle, als sie nach etwa 33 Minuten den letzten Song ankündigt und mehr für eine folgende Tour mit Band verspricht. Ungläubigkeit im Publikum, doch sie geht tatsächlich, nach einer Zugabe geht das Licht an. Unverschämt, würde man sagen, wäre es nicht so gut gewesen. So hofft man eben, die nächste Tour möge bald kommen.

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»>albumkritik 6/08