Saga -Sagenhaftes aus Kanada
Romantik ist wieder "in". Die Saga-Tournee war dafür wirklich ein sagenhafter Beweis - in Hamburg mußte sogar ein zweites, mitternächtliches Konzert angesetzt werden und neben der New Wave und dem HM-Boom könnte sich diese Musikrichtung auch wieder etablieren. Saga, die Verwandtschaft zu Genesis und BJH nicht verleugnen können, aber weitaus gradliniger spielen, könnten die Nachfolge dieser Bands antreten.
Mit der kreativen Talfahrl der als „progressiv“ bezeichneten Musik der späten 60er und frühen 70er Jahre schien die Zeit der Fantasy-Mystik und Science-Fiction-Musik vorbei, Janusköpfe, Trockennebel, Weltalldramen und Schöpfungsgeschichte gehören zu Klischees, bei denen nicht mehr viel Neues zu erwarten ist. Trotzdem Lianen einige jüngere Bands wieder auf dieses Konzept – und zwar mit Erfolg.
Saga, die da wären Jim Crichton, Bass, Michael Sadler, Gesang, Keyboards, Steve Negus, Schlagzeug, Jim Crichuon, Gitarre und Jim Gilmoure, Keyboards, aus Toronto, Kanada, haben initilerweile drei erfolgreiche LPs unters Volk gebracht: SAGA, IMAGES AT TWILIGHT und SILENT KN1GHT. Beeinflußt von englischen Gruppen wie Gentle Giant, Genesis und Queen, ist ihre Musik weniger kitschig und verschnörkelt. Und trotz meiner kritischen Distanz dieser gesamten Musikrichtung gegenüber gefiel mir einiges an dieser Band: ihre einfachen, intelligenten Texte, ihr – trotz ausgeteilter Arrangements spontanes, gefühlvolles Spiel, ihr unprätentiöses Verhalten aul der Bühne. Das passte nicht zum Klischeebild der weltfremden Märchenerzähler. Auch nicht das fröhliche, uneitle Interview, das Michael Sadler (Gesang, Gitarre, Keyboards, Bass) bei einem Abendessen in München, wo Saga zum zweiten Mal für die Fernsehsendung Rock Pop vor der Kamera gestanden hat, gab.
Sind Saga 1978 wirklich vom Himmel gefallen?
„Nein. Wir haben alle in lokalen Gruppen jahrelang in den Bars von Toronto gespielt. Vor etwa 4 Jahren ging dann Flood auseinander, eine Gruppe, in der Bassist lim Crichton, Schlagzeuger Steve Negus und Keyboardspieler Peter Rochon zusammen spielten. Ich kannte lim von einer Band namens Truck. Als Flood nun gestorben waren, rief er mich an. Er sagte, er habe ein paar Songs und wolle, daß ich die mal auf Tonband singen solle, damit er wüßte, wies klingt. Ich hatte zu der Zeit einen normalen lob, ich arbeitete als Zeichner in einem Graphikbüro. Ich habe dann vier Songs gesungen und ging heim. Und da hab‘ ich mir überlegt, was mach‘ ich eigentlich? Also hab‘ ich sofort am nächsten Tag gekündigt. Durch Jim kamen dann die anderen dazu, wir haben geübt, eine Platte gemacht und das war’s dann.“
Und dieses Album tauchte plötzlich in München auf.
Ja, nach etwa 6 Monaten verkauften wir eine Menge Import platten nach Deutschland. Die Polydor Deutschland hat davon erfahren und uns danach unter Vertrag genommen.“
Während die Gruppe sich den kanadischen Markt mühsam eroberte, lief es für sie anderswo hervorragend.
„Deutschland steht beim Plattenverkauf sicher an erster Stelle und danach kommt dann Puerto Rico, wo es ebenfalls mit Importen losging. Letztes Jahr im März haben wir dort vor fünfzehntausend Leuten gespielt.“
Vor zweieinhalb Jahren traten Saga dann in Rock Pop auf und im letzten Jahr tourten sie im Vorprogramm von Styx. Und dieses Jahr sind sie bereits als Hauptgruppe unterwegs durch Deutschland. Wie wird die Band mit dem schnellen Erfolg fertig, trag ich Michael.
„Das kann schon dein Leben verändern“. Wenn du unsensibel bist und den Boden unter den Füßen verlierst. Deshalb habe ich mich vorn ersten Tag an auch voll um die geschäftliche Seite gekümmert. Denn bei vielen Bands herrscht die Ansicht, das ließe sich nicht mit dem empfindlichen Künstlergemüt vereinbaren. Und am Schluß brechen dann solche Bands genau wegen geschäftlicher Streitigkeiten auseinander. Erst denkst du toll, wir gehen in Europa auf Tournee! Aber du mußt über deine Ausgaben und deine Einnahmen Bescheid wissen, ohne es zu übertreiben. Ich laufe deshalb nicht mit dem Taschenrechner durch die Gegend.“
Erstaunlich findet es Michael, daß sie, seit sie als Saga spielen, mehr von ihren alten Freunden sehen als früher.
„Die wissen ja immer genau, wo wir auftreten. Damit sind wir einfacher erreichbar und haben einen sehr guten Kontakt.“
Wir kommen auf die Texte zu sprechen, die für ihre bombastische Musik verhältnismäßig einfach sind. Michael und Jim Crichton schreiben sie zusammen.
Ja, wir schreiben sie so geradeheraus wie nur irgendwie möglich. Gleichzeitig können sie vielleicht ein etwas schwierigeres Thema behandeln, über das die Leute nachdenken sollen. Wir schreiben gern über menschliche Verhaltensweisen, die jeder kennt. Und dadurch fühlen sich viele angesprochen. Es sind also mehr allgemeine Dinge.“
Allerdings gibt es bei Saga, wie der Name schon verrät, auch Phantastisches.
Ja, diese Chapters {= Kapitel), diese Saga als Fortsetzungsgeschichte. Wir wollten nicht, daß sie zu lang wird und nicht ein ganzes Album damit füllen. Deshalb haben wir beschlossen, sie aul etwa vier Alben zu verteilen. Mit der vierten LP folgen die beiden letzten Kapitel. Dann ist erst mal Schluß damit.“
Michael erzählt, daß sie viel Post, auch aus Deutschland, bekommen, in der Leute versuchen, hinter den Sinn der Geschichte zu kommen.
„Wir haben die Texte bewußt ambivalent gemacht, damit jeder seine eigene Geschichte hineininterpretieren kann. Und man soll sie auch unabhängig voneinander als normale Songs anhören können.“
Planen sie nach Abschluß der Chapters was Neues in der Art?
„Das möchte ich erst mal offen lassen. Wenn uns etwas Passendes einfällt, vielleicht.“
Wie sehen denn die Pläne für die neue, vierte LP aus?
„Nach dieser Europatournee wartet in England ein Haus auf uns, wo wir ein paar Wochen üben werden. Wahrscheinlich werden wir uns dort nach einem Studio umsehen und danach in Toronto mischen.“
Warum ausgerechnet in England?
„Aus drei Gründen: erstens weil wir und die ganze Anlage bereits da sind, zweitens, weil man Zuhause so bequem wird. Allein daß man mit einer anderen Währung und solchen Kleinigkeiten konfrontiert wird, kann sehr inspirierend sein. Und drittens gibt es nur zwei Möglichkeiten, den englischsprechenden Markt zu erobern, entweder über England oder Amerika. In den Staaten passiert für Saga im Moment nicht viel, aber in England fangt es gerade an. Und vorort können wir vielleicht ein besseres Gefühl für diesen Markt entwickeln. Und dann wollen wir auch die Begeisterung, die so eine Europatournee bei der Band auslöst, aufs Album bekommen.“