Ryuichi Sakamoto
Das war schon fast ein Heimspiel: Zu Sakamotos einzigem Deutschlandkonzert kam die vor allem in Düsseldorf und Umgebung zahlreich vertretene japanische Gemeinde in hellen Scharen, um sich von seinem kulturellen Cocktail aus edelsten Zutaten ins Land der Schönheit und Ästhetik entführen zu lassen. Für die Songs von Sakamotos Album BEAUTY hätte sich wohl auch schwerlich ein schönerer Rahmen finden können: Die Düsseldorfer Tonhalle, eine stilvolle Konzertkuppel, ist für Klassik-Ereignisse angelegt; die Akustik war dementsprechend makellos. Wozu ohne Zweifel aber auch Meister Sakamoto selbst, der seit jeher Wert auf klangliche Präzision legte, beitrug: Die Technik, die er auf die Bühne stellte, war vom Feinsten.
In Düsseldorf wird aber schnell klar, daß der musikalische Gehalt der Show alles technische Brimborium zweitrangig erscheinen läßt Da präsentiert sich eine Power-Band mit Donner-Drums und der prächtigen Percussion-Parade des Brasilianers Cyro Baptista. Da startet eine Rhythmus-Rallye rund um den Globus – vom Karibischen Reggae über afrikanischen JuJu und sägendes Schwermetall bis hin zur indischen Tabla-Exotik. Bisweilen erinnert das an die Zeit vor zehn Jahren, als die Talking Heads mit REMAIN IN LIGHT die große ethnische Kurve kriegten. Doch Sakamoto geht mit seinen ethnodelischen Mixed Pickles noch weiter: Er setzt klassische Akzente, wenn er – im festlichen weißen Anzug – vom Flügel aus seine Musiker dirigiert oder als Nippon-Clayderman sentimentale Filmmelodien aus „Merry Christmas, „Mr. Lawrence“ und „Der letzte Kaiser“ klimpert.
Und last but not least sind da noch seine japanischen Wurzeln, die am schönsten in der traditionellen Hymne „Chinsagu No Hana“ zum Vorschein kommen.
Yoriko Ganeko, Misako Koja und Kazumi Tamaki heißen die drei Grazien, die diesem Konzert in solchen japanischen Passagen die Sahnehäubchen aufsetzen. In ihren Kimonos, mit ihren Sanshins (japanischen Saiteninstrumenten] und mit ihrem Gesang sorgen sie immer wieder für grandiose Highlights. Die steuert aber auch Gitarrist Ellery MacDonald bei, der sparsam, doch gezielt in der Manier von Robert Fripp oder Adrian Belew seine Akzente setzt und in der langsamen Piano-Version des Stones-Oldies „We Love You“ ein glorreiches, knapp 30 Sekunden kurzes minimalistisches Killersolo spielt, das dramaturgisch nicht besser plaziert sein könnte. Auf seiner Platte arbeitete Sakamoto zwar mit vielen prominenten Freunden – seine Tourneeband aber sorgt dafür, daß die niemand vermißt. Bassistin Sarah Lee beispielsweise fiel schon bei den B-52’s angenehm auf, und Keyboarderin Nikky Holland erweist sich immer wieder als kompetente Partnerin des angenehm schüchtern wirkenden Meisters.
Nach dem Konzert ist Sakamoto erleichtert und tatendurstig: „Ich hoffe, daß ich im Herbsi zu mehr Konzerten nach Deutschland kommen kann. „Und am liebsten würde er gleich ein ganzes Sinfonie-Orchester mitbringen. Dabei war’s doch auch mit relativ kleiner Toumeebesetzung schon ein Abend voller Schönheit.