Rückblick 2011: die 10 besten Musikvideos
Was uns bewegt hat (und was sich selbst bewegt hat); die zehn besten Musikvideos 2011. Eine Auswahl von Jochen Overbeck.
Is Tropical – The Greeks
Früh übt sich, was ein guter Häuserkämpfer werden will: Für „The Greeks“ ließen Is Tropical den Nachwuchs an die Waffen – und animierten in die doch recht klassische Räuber-und-Gendarm-Situation jede Menge Explosionen und hinreichend Kunstblut. Wer soviel Gewalt nur erträgt, wenn ihm ein Statement des Künstlers dazu in die Hand gegeben wird, bitte sehr: Auf der Homepage ihres Labels Kitsune betonten Is Tropical, dass es keinerlei politischen Subtext gebe. Alles nur Spaß, okay?
Foster The People – Helena Beat
Auch Foster The People dachten sich nicht so viel beim Videodreh zu „Helena Beat“, wie sie uns neulich beim Blind Date verrieten. Das offenbar recht großzügig bemessene Budget legten sie aber ebenfalls in ordentlich Gewaltdarstellung an: Im Clip fährt die Band durch eine Endzeitlandschaft, in der allerhand Gestalten marodieren und lauern. Die Optik liegt dabei ziemlich genau auf halber Strecke zwischen „Mad Max“ und „Die Klapperschlange“.
Cut Copy – Need You Now
Die Vermutung eines der User-Kommentare, die Band weise mit diesem Clip auf eventuelle olympische Ambitionen Australiens hin, ist nicht von der Hand zu weisen. Aber auch wenn man sich nicht für Sport interessiert: Die Bildsprache des Clips ist ziemlicher Wahnsinn und passt gut zu den hochgezüchteten Hooks. Regie führte Keith Schofield, dessen Video zu Duck Sauces „Big Bad Wolf“ erst vor ein paar Wochen durch die Blogs gereicht wurde.
DJ Shadow – Scale It Back
Wie sich die Typen, die Kartentricks machen, merken können, welche Karte wo sitzt? Im Video zu DJ Shadows „Scale It Back“ wird quasi in den Kopf eines Kartenspielers geschaut – und das dortige Innenleben detailgenau nachgebaut – übrigens vom Regisseuren-Team Casey & Ewan, das zuletzt mit Fujiya & Miyagi an deren Handpuppen-CI zum Album „Ventriloquizing“ arbeiteren.
Socalled – Work With What You Got
Bei iTunes Deutschland ist dieser Song nicht erhältlich, was dazu führte, das ich die Nummer von Socalled, einem Rapper und Musiker aus dem Chilly-Gonzales-Umfeld geschätzte 20 Mal bei Vimeo schaute. Das geht gut, denn da steckt alles drinnen, was man mag: dicke, Trompete spielende Kinder, Zeichentrick, tanzende Holzkatzen und Stop Motion.
Oregon Bike Trails – High School Lovers
Nicht nur Lana del Rey arbeitete 2011 mit Vintage-Footage. Oregon Bike Trails, ein Ein-Mann-Projekt aus dem kalifornischen Santa Monica, bediente sich für seinen „High School Lover“ ausgiebig bei „Ingenuity In Action“, einem 1958 abgedrehten Dokumentarfilm des „Hot Rod Magazines“. Wer das zu oll findet: Bei Vimeo fliegt auch ein Clip herum, der auf der Eighties-Serie „The Wonder Years“ basiert.
Karen O. – Mamas, Don’t Let Your Children Grow Up To be Cowboys
Karen O. covert den wohl besten Song von Waylon Jennings und/oder Willie Nelson. Warum ist das eigentlich kein Hit geworden? Wie dem auch sei: David Altobelli, der auch das tolle Video zu „ Abducted“ von Cults abdrehte, setzte das Thema des Songs ziemlich zeitgemäß um. Ein verlassenes Haus, ein paar Kids. Und eine Grundstimmung, die verrät, dass es hier nicht nur um jugendliche Abenteuerlust, sondern auch Schicksale geht. Kann man cheesy finden, hat aber durchaus einen ernsthaften Hintergrund: 330 Landwirte geben in den USA jährlich ihren Beruf auf.
Ja, Panik – Nevermind
Ja Panik gehen schlafen. Und Sänger Andreas Spechtl bringt jeden einzigen von ihnen ins Bett. Sie werden zugedeckt, gestreichelt, bekommen Bücher vorgelesen. Und dann macht er das Licht aus. Und am Ende, wenn das laute Schlagzeug einsetzt, zieht sich Spechtl selbst das T-Shirt über den Kopf, den Schlafanzug an und singt sein Ständchen vom Hass, der ihn zerfressen hat, ins Kopfkissen. Gute Nacht!
Battles – Ice Cream
Eigentlich ist das Video zu „Ice Cream“ vor allem ein Lehrstück in Sachen Wahrnehmung. Was für Bilder bleiben hängen, wie nimmt man kurze, scheinbar zusammenhanglos eingeblendete Fetzen wahr? Battles zeigen alles. Nicht nur den den Titel reflektierenden und ziemlich unkonventionellen Verzehr einer Tüte Eis in der Badewanne, sondern auch einen Bilderbogen, dessen Bestandteile küssende Pärchen, Totenschädel, Kaugummis, Strandliegestütze, der Eifelturm und Menschen, die so Baustellenkegel auf ihrer Fußspitze balancieren, sind. Zudem werden allerhand Dinge abgeleckt. Irritierend, aber toll.
Herman Dune – Tell Me Something I Don’t Know
Don Draper fährt in die Stadt. Und nimmt einen Anhalter mit. Der ist pelzig, blau und ungemein niedlich. Dem kleinen Flauschdingens macht Autofahren natürlich total Spaß, erfreut winkelt er den Ellenbogen ab und hält er sein Gesicht in den Wind und Gemeinsam buchen sie ein Konzert der Qualitätsband Herman Dune. Einfacher geht’s nicht. Charmanter aber auch kaum.