Rory Gallagher
Rory Gallagher ist ruhig und beinahe schüchtern solange er kein Plectrum in der Hand hält. Auf der Bühne verwandelt sich der „Junge von nebenan“ in einen Vulkan, im Gespräch macht er einen freundlichen, bescheidenen und sehr intelligenten Eindruck. Rory Gallagher ist ein Musiker, der genau weiss, was er will und der seine Qualitäten kennt, ohne die Bezeichnung „Superstar“ für sich in Anspruch nehmen zu wollen.
Nachdem die „Taste“ geplatzt sind, wurde behauptet, es sei sehr schwierig, mit dir zusammenzuarbeiten. Dominierst du deine Musiker?
Auf keinen Fall absichtlich. Ich weiss, was ich will. Alles, was ich versuche, ist, so viel wie möglich Musik aus den Musikern herauszuholen. Aber ich dominiere nicht, zumindest nicht wissentlich. Der Gedanke, dass ich meine Musiker beherrsche und irgendwie einenge, würde mir nicht gefallen. Alles was ich will, ist gutes Feeling.
Die Jungen, mit denen du in „Taste“ gespielt hast, waren anderer Meinung.
Ja, das ist wahr, aber schliesslich hat nicht zuletzt die Musik eine entscheidende Rolle gespielt. Richie und John fühlten sich bei mir nicht mehr so glücklich, denn sie wollten Stud-Musik spielen, also mehr Richtung Jazz. Ich selbst wollte an meinen alten Ideen festhalten. Vielleicht dachten sie, dass ich sie dominiert habe, ich sehe die Sache jedoch anders. Ich bin nicht gerne faul. Ich sitze nicht gerne untätig herum. Ich will weiterkommen. Manche Leute mögen das als dominieren bezeichnen, meiner Meinung nach ist es das jedoch nicht.
Wie siehst du die Zukunft mit deiner neuen Band? Ist es ein unverbindliches, sehr loses Arrangement?
Ursprünglich war es sehr unverbindlich. Eigentlich ist es das immer noch. Ich kann mit anderen Leuten ins Studio gehen. Im Grunde genommen bin ich ein Solist. Aber ich hoffe, diese Band für eine lange Zeit zu behalten, während Leute, die so viel auf Tournee sind wie ich, ihre Gruppen normalerweise alle 4 Monate oder so wechseln. Sogar John Mayall macht das. Aber ich würde die beiden gerne eine Weile bei mir behalten, sodass meine Musik kompakter wird. Sie helfen meiner Musik. Trotzdem, wenn ich ein Album mit anderen Musikern oder einem Orchester aufnehmen wollte, könnte ich das natürlich tun. Ich bin völlig ungebunden. Aber ich fühle mich am glücklichsten, wenn ich mit Wilgar und Gerry zusammenarbeite. Wir kommen gut miteinander aus und das ist eine wichtige Voraussetzung. Ich spiele jetzt schon ein Jahr mit ihnen, ziemlich lange also. Und sie scheinen meine Musik und meine Songs zu mögen. Wir sind sehr glücklich.
Schreiben Wilgar und Gerry auch?
Wilgar hat in der Gruppe, in der er vorher spielte, geschrieben. Vielleicht macht er irgendwann einmal ein Album mit eigenen Stücken. Ich spiele nur meine Songs…
Wie haben sich die beiden Gallagher-LP’s verkauft? Ebenso gut, wie die Taste-Alben? Besser?
Definitiv genau so gut, wenn nicht besser. Die zweite LP hat die erste übertroffen, es wurden etwa 35.000 Exemplare davon verkauft. Nicht so viel, wie von Led Zeppelin, aber ich bin zufrieden.
Welche der beiden LP’s gefällt dir persönlich besser?
Ich mag sie beide. Das zweite gefällt mir etwas besser, aus verschiedenen Gründen. Es hat mehr Atmosphäre, während das erste eine eigene Persönlichkeit hat, die man auf „Deuce“ vermisst. Ich kann das wirklich nicht sagen. Eine schlechte Antwort. Aber ich mag sie beide, jedes auf seine Weise.
Wieviel Tage im Jahr bist du auf Tournee? Sehr viele. Zu viele. Jetzt war ich zum Beispiel gerade in Italien, habe 6 Tage hintereinander gespielt. Dann habe ich von 7 Tagen 6 in Deutschland gespielt, dann einen in Holland. Danach habe ich eine Woche frei und dann komt eine 3-wöchige England-Tournee. Ich würde sagen, dass ich dreiviertel des Jahres unterwegs bin.
Hast du Oberhaupt Interessen ausserhalb der Musik?
Ich hatte andere Interessen, als ich jünger war . Ich meine, ich interessiere mich noch immer für andere Dinge. Aber die Musik ist das wichtigste in meinem Leben. Und das muss so sein. Immer unterwegs zu sein wäre kein so grossartiges Leben, wenn man sich nicht immer wieder darauf freuen könnte, am Abend zu spielen. Wäre ich nicht so mit der Musik verbunden, würde ich auf diesen ewigen Tourneen verrückt werden. Andere Interessen? Dann müsste ich die ganze Zeit Schach spielen oder ein Briefmarkenalbum mit mir herumschleppen. Aber, ich meine, wir haben Spass unterwegs.
Was hältst du von der Bangladesh-Bewegung?
Die Sachen, die Harrison, Dylan und co. unternehmen? Sehr gut.
Würdest du ein Konzert geben, um diesen Menschen zu helfen?
Ja, bestimmt.
Was hat dich denn bisher daran gehindert?
Kein so guter Organisator wie George Harrison hat mir den Vorschlag gemacht. Ausserdem liegt mir die Situation in Irland mehr am Herzen als Bangladesh. Okay, dann eben ein Konzert für Irland. Sagen wir mal, ich würde es möglicherweise tun. Aber mit Bangladesh liegt der Fall ganz anders. Das ist eine sehr unpolitische Angelegenheit.
Menschen sterben, also machst du ein Konzert. Sehr einfach. Aber einen Gig für Irland zu machen, ist sehr kompliziert. Man muss sich auf eine bestimmte Seite stellen, man muss sich mit einer Partei identifizieren. Aber ich würde gerne für alle spielen, deren Häuser abgebrannt sind, alle die in Schwierigkeiten sind, alle Witwen und so weiter. Ich werde versuchen, etwas zu machen. Aber ich brauche jemanden, der die Sache organisiert. Sagen wir, der Gedanke beschäftigt mich.
Welche neuen Gruppen findest du gut?
Es gibt ein paar Solisten, die mir gefallen. Ry Cooder, John Hammon, aber eigentlich sind das alte Namen. Steeleye Span finde ich ganz gut. Ansonsten .. es ist doch nichts brandneues herausgekommen, das fantastisch ist, oder? Ich höre mir die neuen Leute an, aber ich entdecke fortwährend wieder die alten Gitarristen. Jungen, die nur eine Platte gemacht haben, 1920, und ich kaufe mir die Platte und sie spielen auf einer alten 5 Dollar Gitarre. Es ist gut, sich die alten Gitarristen anzuhören, denn die konnten damals schon mehr, als die Jungen heute. Mountain? Sie erinnern mich zu sehr an Cream, aber diese Kritik ist unfair, denn das hat man schon vielen Gruppen vorgeworfen. Lesley West ist gut, aber mich persönlich spricht er nicht an. Ich mag immer noch Sachen mit einem gewissen Blues-Feeling. Und ich mag immer noch die Stones und die Beatles. Nun ja, die Beatles gibt es nicht mehr. Aber die Stones… ich mag Keith Richard, er hat ein gutes Feeling.
Deine letzten beiden LP’s hatten nicht mehr so ein starkes Blues-Feeling.
Ich finde, die neuen LP’s enthalten mehr echten Blues, als die Taste-Alben. Nur ist es nicht so offensichtlich, weil sie origineller gebracht werden. Ich bin dabei, so richtig in den Blues einzusteigen. Und in 10 Jahren hoffe ich, noch besser zu sein. Ich meine, man lernt doch die ganze Zeit. Okay, auf den letzten Platten gab’s kein „Sugar Mama“ und kein „Catfish“… Mehr Country-Elnflüsse vielleicht? Ja, wahrscheinlich mehr Country-Blues. Auf der anderen Seite, „Should Have Learnt My Lesson“ war ziemlich direkter Chicago-Stil. Vielleicht beginnen meine eigenen Songs, origineller zu werden. Aber ich gehe immer noch vom Blues aus…