Robocop – Der Blech-Bulle


Halb Mensch, halb Maschine -— halb blutiger Action-Reißer, halb böse Science Fiction-Vision. "RoboCop" fängt da an, wo Arnold Schwarzeneggers "Terminator" vor vier Jahren aufhörte. Der US-Kinohit dieses Sommers denkt das Recht-und-Ordnung-Prinzip seines Film-Genres konsequent weiter und treibt es hinterhältig auf die Spitze.

Vorsicht, Vorurteile! Wer sich Paul Verhoevens „RoboCop“ entgehen läßt, weil ihm unbesiegbare Polizisten schon immer zuwider waren, verpaßt eine der positivsten Krimi/Action/Science Fiction-Überraschungen der Saison. Mit rabenschwarzer Satire, brutalen Gags und perfekten Tricks räumt „RoboCop“ endgültig mit allen Zeitgenossen auf, die Maschinen mehr vertrauen als Menschen.

Vorsicht, noch mehr Vorurteile! Der Holländer Verhoeven („Türkische Früchte“, „Flesh And Blood“) macht zwar keinen Hehl daraus, daß sein erster amerikanischer Film eine klare „Botschaft“ enthält — er zeigt seinem Publikum jedoch nicht den erhobenen Zeigefinger, sondern den mittleren, den Stinkefinger.

Die blutgeilen Action-Fans im Parkett bekommen alle Verfolgungsjagden, Schießereien, Explosionen und wild spritzende Schlagadern, die sie erwarten -— das Feixen darüber bleibt ihnen allerdings schnell im Halse stecken. „RoboCop“ kämpft nicht bloß gegen böse Gangster und anderen Abschaum. „RoboCop“ kämpft gegen die Macht-Strukturen, die Monster wie ihn selbst erst möglich und die persönliche Sicherheit längst zum Geschäft gemacht haben.

Die Zeit: bald. Der Ort: Detroit (alle Autos sind Fords oder sehen aus wie Fords). Seit die Polizei von einer Privatfirma betrieben wird, sind bereits über 30 Beamte im Dienst umgekommen -— jetzt sollen Roboter auf Streife geschickt werden. Der Konzern „Omni Consumer Products“ experimentiert mit einer kolossalen Kampfmaschine namens ED 209, die sich allerdings schon bei der Präsentation als untauglich herausstellt, indem sie einen Manager in Fetzen schießt.

Da wittert der junge Entwicklungsdirektor Morton (Miguel Ferrer) die Chance, endlich sein Lieblings-Projekt in die Tat umzusetzen: „RoboCop“ — halb Mensch, halb Maschine. Die technischen Probleme haben Mortons Leute längst gelöst; jetzt bekommen sie auch die organische Hälfte, die Leiche des Streifenpolizisten Murphy (Peter Weller), der von Detroits Unterwelt-König Clarence Borricker (Kurtwood Smith) ins Jenseits befördert wurde.

Zunächst funktioniert der künstliche Bulle ganz prima, ist herkömmlichen Polizisten in jeder Hinsicht überlegen und wird schnell zum Bürger- und Medienliebling („Robo! Robo!“-Anfeuerungsrufe in amerikanischen Kinos). Doch nachdem er einen von Borrickers Männern wiedergetroffen hat, bricht plötzlich der Mensch Murphy durch, „Robo-Cop“ setzt sich soweit wie möglich über seine Schaltzentrale hinweg, wühlt in der eigenen Vergangenheit und beginnt einen persönlichen Rache-Feldzug gegen seine Killer. Der endet allerdings nicht in Detroits Kokain-Labors oder verlassenen Stahlwerken, sondern in der Vorstands-Etage von „Omni Consumer Products“…

Mit „RoboCop/Murphy ist Verhoeven ein tatsächlich stimmiges Maschinenwesen gelungen, ohne Superheld-Ambitionen oder übertriebenes Menscheln, dafür mit programmierter Logik und instinktiven Reaktionen. „Robo“ ist okay, kein Schwarzenegger mit Drähten im Schädel.

Trotzdem kann ihm sein Haupt-Gegenspieler zunächst durchaus das Wasser reichen: Kurtwood Smith mimt einen der grausigsten Bösewichte der Filmgeschichte, sein Borricker ist megamies. Auch sonst schreckt Verhoeven vor nichts zurück: finsterste Intrigen, wüsteste Waffen und grausame Entstellungen, rasant gefilmt von „Boot-Kameramann Jost Vacano und immer wieder unterbrochen von Werbespots und Nachrichten aus der nahen Zukunft: SDI-Kanonen schießen aus Versehen ein paar US-Städte ab, Südafrika hat die Atombombe, und: „Nehmen sie ein Kunstherz von Yamaha“…

Polit-Satire, unterschwellige Gesellschaftskritik und knallharte Action vertragen sich bei Verhoeven überraschend gut —- mehr Holländer nach Hollywood!