Robert Palmer, London, Hammersmith


Früher war Robert Palmer ein mu^^^ sikalischer Weltenbürger —lange bevor sich „World Music“ in den Horizont eines breiteren Rockpublikums zu schieben begann. Zairische Gitarren fanden bei ihm ein ebenso gastfreundliches Heim wie Reggae, Calypso oder gar nordafrikanische Muezzins. Auf der heutigen Konzertbühne allerdings, da hat sich der Facettenreichtum von ehedem auf einen ebenso klaren wie klassischen Fall von Schizophrenie reduziert: Gleichzeitig, so scheint es, möchte sich Palmer mit ein paar franksinatrischen Säuseleien einen Stammplatz buchen im Herzen der Freunde samstäglichen TV-Entertainments, gleichzeitig aber auch einen Fuß in der Rock-Arena belassen. So weit so gut — ein ähnlich gelagertes Spannungsfeld hat ja mit RIPTIDE eine recht schwungvolle LP produziert. Doch ist’s offensichtlich etwas anderes, mit der Muße des Studios an einem Sound zu basteln —und diesen

dann vor einem Publikum stolz spazierenzuführen.

Und da krankte die Sache denn auch aufs Übelste. Es ist in der Tat ein Rätsel, wie ein Mann mit dem Palmer’schen Erfahrungsschatz sich eine dermaßen charmlose und bleifüßerne Brachialrock-Combo hat aufhalsen können. Zwei Keyboards, Drums, Percussion, Gitarre. Baß, geben sie absolut jeden Song, der allenfalls noch betanzbar gewesen wäre, an, als wäre er „Addicted To Love“. Keinerlei Schattierungen in der Gewichtung der Trommelpreschereien, keinerlei synkopische Überraschungen, keinerlei seelenvolle Ausgüsse spontaner Emotion: „Hyperactive“, „Every Kinda People“, „Johnny & Mary“ oder gar der Mbaqanga-Jodel „Change His Ways“ (die 25 Songs kamen zu gleichen Dritteln von HEAVY NOVA, RIPTIDE und aus dem Evergreen-Katalog) — alles Rockige walzte in den selben Bleischuhen durch die Halle, derweil die Las Vegas-Nummern (wie „Riptide“) in ihrem effizienten, doch emotionslosen Vortrag nur langweilten. Nicht gerade positiv wirkte sich auch die Tatsache aus, daß Mr. Supercool mit dem Charisma und dem Enthusiasmus eines erkälteten James Last über die Bühne schlich und überhaupt kaum die Präsenz eines Publikums zu bemerken schien.

Lichtblicke? Der witzige, watteleichte einführende Acapella-Chor von „Pride“; die Solonummer der Begleitsängerin, wo plötzlich alles, inklusive Feeling, stimmte; dann noch die finalen Songs „Bad Case Of Loving You“ und „Irresistible“, wo der brachiale Rockteppich auch tatsächlich zum Song paßte.

Ein letztlich frustrierender Abend, der ohne erkennbare Höhepunkte fade dahinplätscherte. Seine immer noch zahlreichen Fans in Deutschland müssen es wohl geahnt haben, dokumentierten sie ihr Desinteresse doch ziemlich drastisch: stockende Ticket-Verkäufe für seine sechs Konzerte in Germany. Die Folge: die Tour wurde kurzerhand auf Eis gelegt und somit blieben dem Beau spärlich gefüllte Hallen erspart. Eigentlich schade — nicht zuletzt, wenn man diese Show mit der Subtilität gewisser Palmer-LPs vergleicht. Davon war leider nichts zu spüren.