Rip Rig & Panic
Während manch einer wohl noch zögerte, draußen auf dem Festivalgelände das Eintrittsgeld aus der Tasche zu kramen, sah man bereits die ersten enttäuschten Gesichter der Eissporthalle verlassen. Rip Rig & Panic spielten während des 11. Internationalen New Jazz Festivals – und ihr Set zählte in den insgesamt vier Musiktagen zu den umstrittensten.
Zu dieser Verwirrung auf der Bühne und im Publikum trug wohl nicht zuletzt die erweiterte Besetzung bei. Neben der gewohnten Rip-Rig-Familie bedienten David de Fries (Trompete), Gerald Parsett (Baritonsax.) und David Wright (Sopransax.) die Instrumente.
Zuächst bekamen die Augen der rund 2500 Zuschauer Einiges geboten. Der schicke Gareth Sager machte den Eindruck, als ginge ein Clochard in seinem ‚Festanzug‘ zur Hochzeit seiner noblen Tochter. Mark Springer setzte sich in einem Lendenschurz ans Piano, Andrea Oliver und Neneh Cherry demonstrierten afrikanische Rhythmik durch fast schon folkloristische Tanzeinlagen. Andreas Bruder, Sean Oliver, erschien als Nachwuchs-Pirat, und Nenehs Angetrauter, Bruce Smith, hockte hinterm Schlagzeug mit einem Hut aus der Ära des frühen Cpt. Beefheart Wie viele es von ihnen erwarteten, bot die Band Sensationelles. Nicht wenige waren begeistert, und viele waren entsetzt. RR&P selbst hätte wohl am liebsten irgendwo am Rande des Festivals gespielt, von möglichst vielen gar unbemerkt. Zumindest scheint ihnen nicht daran gelegen, als Geheimtip oder Kultband gehandelt zu werden.
Rip Rig and Panic bewiesen, daß jene Vielseitigkeit, die nicht zuletzt ihre Alben schätzenswert macht, auch live realisierbar ist. Sie vollführten einen häufigen Wechsel der Instrumente – und es ist anzuerkennen, daß dies nicht zu Lasten des Spielflusses ging. Für manchen ergab sich wohl daraus der Eindruck, die Band käme über den Soundcheck nicht hinaus. Kurz vor dem Konzert aber hatte mir Gareth bestätigt, daß sie nach wie vor in häufig wechselnder Besetzung spielen. Ihnen Konzeptlosigkeit vor zuwerfen, wo doch ihr Konzept in der Konzeptlosigkeit besteht, ist also sinnlos. Konzeptlosigkeit ist mir auch weitaus lieber als Ausdruckslosigkeit.