Richard Gere: Some guys have all the luck


William Shakespeare oder Hugo Boss - wo ist Richard Gere zu Hause? Geht es nach dem "Gigolo" und "Gentleman" selbst, dann ist seine Wunschheimat der Dalai Lama.

Wie anders soll man reagieren als mit blankem Neid? Er sieht blendend aus, trägt Maßanzüge und fährt einen imageträchtigen Sportwagen. Wie aus Versehen schleppt er die schärfste Alte vom Hollywood Boulevard ab. Und während die ihm im Penthouse des besten Hotels von Beverly Hills einen bläst, schiebt er über sein mobiles Telefon die Millionen hin und her.

Richard Gere ist in „Pretty Woman“ ein Märchenprinz des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Auch Filmpartnerin Julia Roberts hat nicht viel zu tun mit der Wirklichkeit der Prostituierten, die sie darstellt. Warum auch? Schöne Menschen in gepflegter Umgebung sieht man immer gerne.

Der zweite Film, der in diesen Wochen mit Hauptdarsteller Gere in die Kinos kommt, setzt ebenfalls auf dessen Charme: Gere als Cop in Los Angeles. Ein Beamter (Andy Garcia) der Abteilung „Internal Affairs“ schnüffelt nach Korruption und stößt auf Geres dunkle Geschäfte. Der fackelt nicht lange und zieht seine schärfste Waffe: Er geht mit Garcias Film-Ehefrau (Nancy Travis) ins Bett.

Entscheidende Image-Korrekturen kann sich Richard Gere von beiden Filmen kaum erwarten. Der Mann, der 1980 mit „American Gigolo“ („Ein Mann für gewisse Stunden“) bekannt geworden war und seinen größten Erfolg 1983 als „Offizier und Gentleman“ erlebte, ist auch mit 41 Jahren der talentierteste Dressman des amerikanischen Films. Mittlerweile scheint ihn das nicht mehr zu stören. Zumindest unternimmt er keine Anstrengungen, sich dagegen zu wehren – wie noch vor zehn Jahren. Gerade hatte er als „Gigolo“ den Armani-Look populär gemacht, von dem Don Johnson noch heute zehrt, da ließ er sich den Kopf scheren und spielte am Broadway einen Homosexuellen im KZ.

Gere dreht pro Jahr im Schnitt weniger als einen Film. Da waren zwar einige Flops darunter wie „Atemlos“, oder „Der Honorarkonsul“. trotzdem könnte er mehr arbeiten. Er will nicht. Zeit investiert er lieber in sein Engagement für Tibet und dessen von den Chinesen bedrohtes Volk. Seit Mitte der 70er Jahre, so Gere, war er fasziniert von östlichen Religionen, insbesondere vom Buddhismus, dem er sich schließlich anschloß.

Liest man, wie Gere von Seelenfrieden und Begegnungen mit dem Dalai Lama erzählt und was von seinen Begegnungen mit Model und Girlfriend Cyndi Crawford kolportiert wird, dann drängt sich ein beunruhigender Verdacht auf: Muß sich Gere für die selbstzufriedenen Absahner-Typen in seinen Filmen vielleicht gar nicht verstellen?