Zola Jesus :: Conatus
Souterrain Transmissions /Rough Trade
Blogger-Darling macht dem Goth-Theater alle Ehre – und eine mittelmäßige Platte.
Die Frau auf dem Cover ist in einen weißen Schleier gehüllt, der eine zarte Trennlinie zwischen Künstlerin und Publikum zieht. Das ist der fein gewobene Stoff, in dem sich die Assoziationen und Perzeptionen verfangen können, die den unvoreingenommenen Hörer dieser Platte beim Schopf packen. Zola Jesus ist alles andere als eine „leichte Geschichte“. Die 22-jährige Amerikanerin, die sich schon in Highschoolzeiten den Namen Zola Jesus zulegte und als selbst ernannte Sirene den Doom konsequent gegen jeden Strich bürstete, bis die Seismografen der Blogosphäre anschlugen, hat bereits den Sticker „Popstar“ in der Tasche. Aber um Pop geht es Zola Jesus am wenigsten, auch wenn sich alle Stücke auf ihrem dritten Album um Synthesizer und Stimme drehen – die Synthies in den immergleichen dunklen Flächen ausgerollt, die Stimme kalt in den Tönen versackend. Nika Roza Danilova macht dem großen Goth-Theater alle Ehre, ein überdurchschnittliches Album ist ihr damit nicht geglückt. Weite Strecken klingen, als hätte man Siouxsie Sioux in den Keller geschickt, mit einem Laptop, einem Synthesizer und der Aufgabe: „Schreiben Sie Balladen! Balladen, gute Frau! Wir verkaufen synthetisches Pathos.“ Der Hype zerbröselt auf diesem Album in Feinstaub, die Frau hinter dem Schleier muss sich vor den fliegenden Partikelchen schützen.
Key Tracks: „Vessel“, „Hikikomori“
Story S. 12
die Autoren
Heute: Marcel anders
Marcel Anders, Jahrgang 1969, lebt in Mülheim an der Ruhr, schreibt seit 1992 hauptberuflich über Musik und war von 1993 bis 1996 Chefredakteur des Musikmagazins „Visions“. Als Kind der Achtziger liebt er Künstler/Bands wie die B-52s, The Church, Devo, Echo & The Bunnymen, REM, The Cure etc., sammelt exzessiv LPs, Singles und CDs, hört Musik aber nur noch beim Autofahren und verweigert sich nichtphysischen digitalen Speichermedien. Seine erste gekaufte Platte ist Tommy von The Who. Seine Lieblingsinterviewpartner sind Keith Richards, Iggy Pop, Dave Grohl und Lemmy. Tony Bennett hat ihn zum Abendessen bei seinem Lieblingsitaliener in Astoria/Queens eingeladen.
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