Zimt
Glückstiraden
Tapete/Indigo
Wave-Pop für traurige Rummelkinder: Die Augsburger orgeln sich in die 80er zurück.
Vielleicht sollte man der Gruppe Zimt sagen, dass die Mauer gefallen ist. Denn GLÜCKSTIRADEN, das Debütalbum des Trios, lässt vermuten, die Musiker wären 1980 in den Dornröschenschlaf gesunken. Und erst 25 Jahre später aufgewacht, um in Augsburg eine Band zu gründen. Dabei haben sie zwar verpennt, dass rumpeliger Wave-Pop längst diverse Häutungen hinter sich hat – aber geschenkt, wenn sich die Liebe zum Genre so unverbraucht anfühlt.
Nahezu ohne Gitarren kommt der Sound aus, dafür leisten sich Zimt eine Orgel, die sie klingen lässt wie zu große, traurige Kinder auf dem Rummel. An die freundliche Melancholie der Marine Girls erinnert der Duettgesang in „Verbessere mich“, „Wohlstand“ geht mit forderndem Schlagzeug fast als Postpunk durch, und in der von Synthies be-feuerten Single „Schwaches Herz“ grummelt der Bass wie eine warnende Stimme im Hinterkopf. Zimt machen Pop mit großen Augen und schweren Lidern, der nie nach öder Retromania klingt. Vielmehr erinnern die Songs auf GLÜCKSTIRADEN an das liebste Jugendfoto am Kühlschrank, das einen so entsetzlich sentimental stimmt. Weil man zugleich weiß, dass es nie wieder so schön wird – und in Wahrheit wohl nie so schön war.
Klingt wie: Young Marble Giants: Colossal Youth (1980) / The Vaselines: Enter The Vaselines (2009) / Die Heiterkeit: Herz aus Gold (2012)