Yann Tiersen

∞ (INFINITY)

Mute/GoodToGo

Der bretonische Avantgardist entführt einen in seine fabelhafte Welt.

Wenn das mathematische Symbol für Unendlichkeit auf den Kopf gestellt wird, liest es sich wie eine Acht. Vor Kurzem zählte die bretonische Insel Enez Eusa 888 Einwohner, und Yann Tiersen ist einer von ihnen. Was lag also näher, als das achte Studioalbum ∞ (INFINITY) zu nennen? Zumal dieses Zeichen auch noch eine philosophische und theologische Bedeutung hat, und darüber hinaus für die Balance der materiellen und immateriellen Welt steht.

Man ahnt es schon, dass der schüchterne Multiinstrumentalist etwas anders tickt. Die Großstadt ist nichts für Tiersen, den es immer wieder auf Inseln wie die Färöer oder insbesondere Island zieht. Dort nahm das Album unter Mithilfe von Amiina auch seinen Anfang, ehe es auf dem kargen, rauen, fast baumlosen Granitstein-Eiland Quessant beendet wurde.

Tiersen ist kein großer Freund Frankreichs. Am liebsten würde er seine Provinz autonom sehen, auch um die bretonische Sprache zu schützen. Mutet alles ein bisschen entrückt an, aber dieses Album klingt in sich völlig stimmig. Geheimnisvolle Elektronik und akustischer Folk, Spiel- zeugklänge, Minimalmusik, soundtrackartige und schöngeistige Töne verschmelzen zu einem von Harmonien dominierten Klangbild.

In dem finden sich zwar Züge von Wim Mertens, Philip Glass oder Michael Nyman, vor allem aber eine eigene, recht fälschungssichere und versponnene Handschrift. Womit dem Schöpfer der Filmmusik zu „Goodbye Lenin!“ sowie „Die fabelhafte Welt der Amélie“ mal wieder ein ganz zauberhaftes Werk gelungen ist.