Wohnungslos zu werden, ist nicht angenehm. Warum also freut sich Jens Lekman darauf? :: Reise ins Wohnzimmer

„Für weinen Vermieter dürfte es eine riesige Erleichterung sein, dass ich hier gerade meine Sachen zusammenpacke“, lächelt der Schwede, „Miete und Strom pünktlich zu zahlen, darin war ich nie sonderlich gut. Zumindest bin ich froh, diese Verantwortung los zu sein.“ Anstatt es sich abends im Heim gemütlich zu machen, begibt sich Pop-Poet Lekman lieber von einer neuen „Homebase“ im australischen Melbourne aus auf Weltreise: Nord- und Südamerika,Asien und Indien sind einige der nächsten Stationen; wie’s weitergeht, bleibt dem Zufall überlassen: „Ich habe in den letzten Monaten eine Menge Bekanntschaften über das Netz geknüpft. Wenn mir jemand die Möglichkeit gibt, irgendwo auf einer Bühne zu stehen, und die Kosten für Anreise und Hotelbett übernimmt mache ich mich auf den Weg.“ So kommt er etwa demnächst nach Malaysia. Überraschend ist das alles, weil sich Lekman vor einigen Jahren noch als absoluten Reisehasser bezeichnete, dem die Vorstellung, fremde Länder zu besuchen, ein Schrecken war. „Mein Lieblingsbuch war damals das eines Schriftstellers aus dem 18. Jahrhundert, der eine Expedition durch sein Wohnzimmer beschreibt.“ Es ist nicht der einzige Bruch im Leben des Indiepop-Darlings, nicht einmal der größte, erklärte Lekman doch noch vor zwei Jahren, er wolle seiner Karriere als Musiker ein Ende machen zu einem Zeitpunkt, da er mit „When I Said I Wanted To Be Your Dog“ die Herzen nicht nur seiner Landsleute erobert hatte und in seiner Heimat auf dem besten Wege war, zum richtigen Starzu werden. „Plötzlich begann jeder, sich nicht nur für meine Musik, sondern auch für mein Privatleben zu interessieren, was ich in einem Anflug von Naivität auch noch zugelassen habe. Eine derart schreckliche Erfahrung, dass ich schließlich einfach alles hinwerfen wollte.“ Zumindest den professionellen Teil seiner Musikerdaseins, denn, das betont Lekman ausdrücklich, aufhören Songs zu schreiben wollte er nie. Hört man sich sein aktuelles, ebenso melancholisches wie witziges Popwunderwerk Night Falls Over Kortedala an, ist man froh, dass sich der zukünftige Weltbürger den finalen Entschluss noch einmal überlegt hat: „Mittlerweile ist mir egal, was die Öffentlichkeit über mich denkt und schreibt. Im Gegenteil, ich halte eigentlich alle dazu an, möglichst krude Geschichten über mich zu erfinden und zu veröffentlichen.“

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