Wohl jeder Vater wird sich an seine Tochter als das süße kleine Mädchen erinnern, das sie einmal war. So auch Mitch Winehouse: Zu Beginn ist das Buch über seine viel zu früh gestorbene Tochter gespickt mit niedlichen Kinderfotos und entzückenden Zeichnungen der kleinen Amy im Herzchenstil. Papa Mitchs Anekdoten sind so reizend wie austauschbar. Doch dann wird aus der unschuldigen Amy die Süchtige, fast übergangslos. So schrecklich kurz sind die Momente der frischen Freude an der Musik! Für das tragische Schicksal der Amy Winehouse macht ihr Vater hauptsächlich ihren früheren Lebensgefährten Blake Fielder-Civil verantwortlich, der sie auf Drogen gebracht habe. Was Amy an Blake fand, bleibt ihm schleierhaft. Sehr plastisch macht Vater Winehouse die Qual, die Angehörige einer Süchtigen aushalten müssen; die Momente der Hoffnung und die immer wieder folgende Enttäuschung. Die Lektüre schmerzt. Natürlich betont Mitch Winehouse seine Versuche, zu helfen – doch die Selbstgerechtigkeit hält sich in Grenzen; er gesteht ein, schlicht überfordert gewesen zu sein. Das kann man ihm wohl ebenso wenig vorwerfen wie die Ratlosigkeit, die häufig durchschimmert. :: Music From Big Pink

von John Niven

In seinem Debüt nutzt John Niven das klassische The-Band-Album als Aufhänger für eine atmosphärische Rock-Novelle.

Fünf bärtige Gestalten zierten am 12. Januar 1970 das Cover des „Time Magazine“: So bedeutend waren The Band! Der Durchbruch zum Country-Rock-Hauptact gelang der Begleitband Bob Dylans 1968 mit dem Album Music From Big Pink. Dies ist der Band dazu aus der schönen Reihe „33 1/3“ des amerikanischen Verlags Continuum – die Büchlein sind jeweils einem klassischen Album gewidmet. John Niven dachte sich 2006 für die Reihe eine Novelle aus, die rund um das rosa Haus spielt, das der Platte ihren Namen gab. In ihrem Zentrum steht der Drogendealer Greg Keltner, der die in und um Woodstock versammelten Bohemiens mit Nachschub versorgt. The Band spielen eher eine Nebenrolle, bis auf den Sänger Richard Manuel, dessen Selbstmord 1986 in Keltner die Erinnerungen an die Zeit 1967/68 auslöst. Es ist eine Geschichte, die mit viel Atmosphäre beschreibt, wie der Aufbruch der Sechziger umschlägt in die Dekadenz der Siebziger. Das Talent ihres Autors war so offensichtlich, dass er bald darauf seinen ersten Roman veröffentlichen durfte: „Kill Your Friends“. Nun ist Nivens Debüt endlich in deutscher Übersetzung erschienen.

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