Uns
Alles was wir machen ist Kunst
Sinnbus/Rough Trade
Pop! Politik! Die neuen Berliner Darlings versuchen mit ihrem Synthie-Dance-Pop, die gesellschaftlichen Verhältnisse zum Tanzen zu bringen.
Irgendwann, ganz genau in dem Song, der den schon ziemlich schrägen Titel „Essen um zu vernichten“ trägt, kommt der noch schrägere Moment, in dem Dirk von Lowtzow zu singen beginnt: „Ein Staat, eine Welt, ein Zuhause“. Und nein, es ist dann eben doch nicht der Tocotronic-Sänger, aber man könnte es durchaus glauben.
Nicht nur wegen dieser trägen, kreidebleichen Stimme, sondern auch wegen Zeilen wie: „Ein Gewissen winkt sich selbst hinterher.“ Au ja, Diskurspop, Baby. Bloß, bei Uns aus Berlin wird die scheppernde Konsumkritik von einem stoisch zuckenden Groove in die Ecke gestellt wie das Mauerblümchen bei der Party. Yes, it’s the economy, Doofi, aber man kann dazu tanzen!
Denn man darf nicht nur, man muss diesen Albumtitel verdammt ernst nehmen: ALLES WAS WIR MACHEN IST KUNST. Im Stammbaum von Uns stehen Bands wie Kate Mosh, SDNMT und Clickclickdecker, gute Namen also, aber auch nichts, was auf das hier hingewiesen hätte. Aber was ist das hier? Synthie-Pop wie aus dem Kunstseminar. Mit Slogans, die nicht nur schick klingen, sondern auch noch etwas bedeuten. Musik zur Zeit, die man übermorgen womöglich auch noch hören kann. Referenzhölle! Zitat-Overkill! Gesellschaftskritik! Politik! Dance! Kunst! Ja, Kunst! Sorry! Uns wagen den großen Wurf. Der geht vielleicht auch mal daneben. Aber sie haben es wenigstens versucht.
Klingt wie: Joseph Beuys: „Sonne statt Reagan“ (1982) / Die Sterne: WICHTIG (1993) / Tocotronic: KAPITULATION (2007)