The Residents
The Ghost of Hope
Cherry Red/Rough Trade
Albtraumhafte Avantgarde zum schönen Thema Zugunglücke.
Würde der Mensch des 21. Jahrhunderts auch nur eine Stunde lang in einem Zugwagon einer amerikanischen Eisenbahngesellschaft aus dem 19. Jahrhundert sitzen, er würde tausend Tode sterben. Im Wagen wird geraucht, aus der Lokomotive fliegen die Funken, knallen zwei Züge aufeinander, stehen die Waggons sofort lichterloh im Flammen. Das Risiko einer Zugreise in dieser Zeit war groß, noch größer war nur die Hoffnung, mit der Eisenbahn das Elend zu verlassen, die Küste zu erreichen, Kalifornien oder New York.
THE GHOST OF HOPE haben die unbeirrbar avantgardistischen Residents ihr neues Projekt genannt und analysieren darauf die Ambivalenz zwischen Wahnsinn und Fortschritt, die allen Pioniertechniken innewohnt. Interessant ist der Vergleich zum Eisenbahn-Album von Billy Bragg und Joe Henry aus dem vergangenen Jahr: Während die beiden Songwriter die Romantik des Zugfahrens besangen, suchten die anonymen Avantgardisten aus San Francisco in den Archiven nach Aufzeichnungen über Zugkatastrophen, dokumentierten Zeugenaussagen und Polizeiberichte. Die Musik zu den Storys kombiniert verquere Electronica mit Rock, Pop und Folk. Die Geschichte „The Great Circus Train Wreck Of 1918“ wird aus der Perspektive eines Clowns erzählt und klingt wie eine Albtraumversion von Nick Caves „The Carny“. Würde Werner Herzog Alben aufnehmen, sie klängen wie dieses hier.