The Jesus & Mary Chain
Damage & Joy
Rykodisc/Warner
Langweilig, aber gut: Das Comebackalbum der vergötterten Rückkopplungs-Rock-Bruderschaft.
Das Besondere an den bisherigen Alben von The Jesus & Mary Chain war die jeweilige Einzigartigkeit. PSYCHOCANDY war das wahnsinnige Feedback-Debüt, DARKLANDS der total verregnete Nachfolger. AUTOMATIC hatte tolle Songs und eine öde Drummachine, HONEY’S DEAD coole Madchester-Beats. STONE & DETHRONED war Unplugged, MUNKI uninspirierter Käse. Das war 1998, danach war erst mal Schluss, die Brüder Reid konnten sich nicht mehr sehen. Ihre Abneigung ist wohl größer als die der Gallaghers, jedoch reden die Schotten weniger darüber. Nach einer vorsichtigen Abwägung, ob ein neues Studioprojekt zu Mord und Todschlag führen könnte, entschlossen sich Jim und William Reid nun, sich dem Wagnis zu stellen.
Jim, der Sänger, sagt, das Risiko sei trotz der Feststellung „I hate my brother and he hates me/ That’s the way it’s supposed to be“ (aus „Facing Up The Facts“) überschaubar gewesen – man könne Songs für diese Band wie im Schlaf schreiben, kreative Reibereien seien daher unwahrscheinlich. Diese Routine ist Fluch und Segen zugleich, sie führt dazu, dass DAMAGE & JOY eben keinen eigenen Charakter hat, sondern sich an allen Phasen der Band vergreift. Es gibt keine positive Überraschung auf diesem Album. Nur eine böse, das affige „Simian Split“, das irgendwie von Kurt Cobains Selbstmord handelt, ohne wirklich konkret zu werden.
Ansonsten überwiegt die Routine: „Amputation“, die erste Single, basiert auf dem Beat eines entschlackten Drumcomputers, dazu lassen die Reids die Gitarren verzerren. Es fehlt die Wucht, aber cool ist’s schon. Viele Songs von DAMAGE & JOY kann man schon beim ersten Mal mitsummen, die Harmonien sind bekannt, die Songwriterfaulheit der Reids kennt keine Grenzen. „Songs For A Secret“ zum Beispiel gleicht „Sometimes Always“, der Single von STONED & DETHRONED. Damals sang Hope Sandoval, heute Isobel Campbell. Es gibt eine Reihe weiterer Duette mit Gastsängerin, es sind die besten Stücke dieser Platte, an die sich bei der nächsten PSYCHOCANDY-Revival-Tour schon keiner mehr erinnern wird.