The Impossible :: Urmächte der Natur: Juan Antonio Bayona macht die große Welle.
Regie: Juan Antonio Bayona
Einer Naturgewalt in einem Film gerecht werden, indem man eine ganz eigene Naturgewalt entwickelt, das ist der Ansatz, den der Spanier Juan Antonio Bayona mit seiner ersten Arbeit seit seinem Debüt „Das Waisenhaus“ vor fünf Jahren verfolgt. Um den Tsunami am zweiten Weihnachtsfeiertag 2004 geht es. Um die wahre Geschichte einer fünfköpfigen Familie, die im Winterurlaub in Thailand im Swimming Pool ihres Hotels von der todbringenden Welle getrennt wird und mehrere Tage ums Überleben kämpft, um Wiedervereinigung und um all die menschlichen Tugenden, nach denen das humanistische Überwältigungskino verlangt, um sein Publikum überrollen zu können: Liebe, Ausdauer, Glauben, Hoffnung – Triumph des Überlebenswillens.
Indem Bayona sich freimütig aus dem Regelwerk des Kinos von Steven Spielberg bedient und die Emotion eines „E.T.“ mit dem kontrollierten Spektakel von „Jurassic Park“ verschmilzt, wird er dieser eigentlich unmöglich zu erzählenden Geschichte um die Familie gerecht, die ihre kleinen und großen Siege gegen alle erdenklichen Widerstände feiert, während um die fünf unfreiwilligen Helden die Welt regelrecht versinkt. Eng geht er an seine Figuren ran, ist bei ihren intimsten Momenten dabei, nur um dann regelmäßig die Kamera mit dem Kran nach oben zu ziehen und den Blick auf das größere Bild der Verwüstung freizugeben.
Allein die erste halbe Stunde ist die Perfektion des filmischen Terrors: Unmittelbar erlebt man als Zuschauer mit, wie die von Naomi Watts gespielte Mutter und ihr ältester Sohn weggespült werden und gemeinsam darum kämpfen, die Köpfe über dem Wasser zu halten. Man hält den Atem an. Weil man weiß, dass ihre Rettung aus den Fluten vom Zufall abhängt. Und dass die eigentliche Odyssee erst beginnt, nachdem die beiden wieder festen Boden unter den Füßen haben.
Mit den Mitteln des Flüchtlings- oder Bürgerkriegsfilms lässt Bayona Watts auf der einen, Ewan McGregor als Vater mit den beiden jüngeren Söhnen auf der anderen Seite nach Erlösung streben. Und auch wenn der Rest des Films nicht im Entferntesten mit dem apokalyptischen Anfang mithalten kann, ist man doch gebannt, weil man sich selbst sieht in diesen kraftvollen Bildern. Man könnte von einem Meisterwerk sprechen, würde der Regisseur seinen Film nicht selbst torpedieren: Jeder noch so intime Moment wird von den Geigen von Komponist Fernando Velázquez in Grund und Boden geschwurbelt. Körperverletzung. Und Punktabzug in einem sonst fast perfekten Film.
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