The Hollies – The Long Road Home 1963-2003
Selten hatten die Hollies die Kritik auf ihrer Seite, dafür hatten sie im Zweifel immer einen Hit in der Hosentasche. Warum das so war – nun, hören Sie selbst! Dieser geradezu unheimlich präzise, fast metallisch schimmernde Satzgesang im Verein mit einer gesunden Scheu vor stilistischen Experimenten war das große Kapital des Manchester-Fünfers um die Schulkumpels Graham Nash und Allan Clarke. Hinzu kam der glückliche Umstand, dass die Band mit Gitarrist Tony Hicks und Drummer Bobby Elliott über zwei überdurchschnittlichversierte Fachkräfte verfügte. In den frühen Jahren experimentierte man noch mit gängigem Songmaterial wie Arthur Alexanders „You Better Move On“ oder Maurice Williams‘ „Stay“. Ab 1965 I’m Alive aber hatten Clarke & Co. auch das richtige Händchen für originäre Songvortagen – und wurden prompt Stammgäste in den Hitlisten. Nicht zuletzt dank Ron Richards, der in den heiligen Abbey-Road-Hallen eine ähnlich wichtige Rolle für die Band spielte wie George Martin für die Beatles. Löblich, dass the long road home nicht zum x-ten Mal die Hits nudelt, die hat jeder 60s-Popfreak eh längst im Schrank. Stattdessen ruht der Fokus auf Stücken, die exemplarisch für die Entwicklung der Gruppe stehen. So gibt’s auf CD 1 und 2. die sich mit den Jahren bis zu Graham Nashs Abgang und dem berüchtigten Dylan-Album 1969 beschäftigen, jede Menge Albumtracks heute fast vergessener, aber gar nicht mal schlechter Werke wie for certain because … 1966, butterfly und Evolution beide 1968 plus B-Seiten, Alternativ-Versionen und bislang Unveröffentlichtes. Von Obskuritäten wie der für das San Remo Festival eingespielten italienischen (!) Single „Non Prego Per Me“ ganz abgesehen. CD 3 und 4 widmen sich der Phase zwischen 1970 und 1979, als sich aus der Singles-Band ein AOR-Album-Act entwickelt hatte. Hits gab’s noch immer, etwa „The Air That I Breathe“, „Long Cool Woman“ oder, nicht ganz so erfolgreich. Springsteens „Sandy (4th Of July, Asbury Park)“. Alan Parsons verschaffte der Band ein symphonischeres Klangbild, und gelegentlich erlaubten sich Clarke & Co. gar vorsichtige Abstecher in abseitige Gefilde wie lupenreinen Country oder (fast) Hardrock. Gegen Ende des Jahrzehnts allerdings, Punk war längst das Ding der Stunde, war unüberhörbar, dass sie den Faden verloren hatten: Den Hang zum Kitsch redete ihnen keiner mehraus, vielleicht hatten sie sich auch zu weit von denen entfernt, die in jenen Tagen die Singles kauften. Zunächst versuchten sie es mit Mike Batt und dessen schwülstigem“.Soldier’s Song“, fummelten dann ein zweifelhaftes Buddy-Hotly-Tribute zusammen und holten Graham Nash für eine passable Reunion zurück. Im Grunde aber verschwanden sie sang- und klanglos in der Versenkung respektive auf den Besetzungslisten der Oldietourneen. Diese Phase des Niedergangs ist auf CD 5 dokumentiert. CD 6 indes zeigt die Hollies mit Aufnahmen aus verschiedenen Perioden noch einmal ats formidable Livetruppe, inklusive eines wahnwitzigen „Purple Rain“. Unterm Strich ist the long road home die überfällige und längst verdiente Würdigung einer der handwerklich besten Bands, die England in den sechziger Jahren hervorgebracht hat. liebevoll und üppig editiert mit dickem Booklet und im stabilem Faltcase.
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