The Flamin‘ Groovies – At Full Speed: The Complete Sire Recordings

„Beautiful Losers“ bezeichnet im Angloamerikanischen jene Spezies Künstler, die dem Durchschnitt innovativ um Lichtjahre voraus ist oder sich aber bewusst in der Rolle des egozentrischen Anti-Trendsetters wohl fühlt. Das Arte-Musikmagazin „Tracks“ sendete vor ein paar Monaten einen zweiteiligen Beitrag über das Phänomen, zu dem unter anderem The Cramps, The Legendary Stardust Cowboy, The Dead Kennedys. Lydia Lunch, Suicide, Gun Club und The Flamin‘ Groovies zählen. Letztere werkeln schon seit den Mittsechzigern im weltweiten Clubzirkel, wo ein Auf-den-grünen-Zweig-Kommen so gut wie ausgeschlossen ist. Für das amerikanische Quintett mit biter fluktuierender Besetzung und Band-Ablegern wie Phantom Movers zählt indes nur eines: Leidenschalt und jener alle paar Jahrzehnte stattfindende Moment, wenn ihre fixe Manie für den Mittsechziger-Beat der Beatles, Byrds und Rolling Stones eine neue Generation erfasst – leider gestalten sich solche Retro-Revivats von Dekade zu Dekade schwieriger. AT FULL SPEED: THE COMPLETE SIRE RECORDINGS klammert legendäre Frühwerke wie SNEAKERS, SUPERSNAZZ, FLAMINGO und teenage head aus, beginnt zu jenem Zeitpunkt, als die Rickenbacker-Gitarren-Fanatikervon der Ex-Hippie-Enklave San Francisco ins noch swingende Pop-Mekka London emigrierten. 1975/76 war das, und der gerade an Land gezogene Deal mit Seymour Stein und seinem New Yorker Hip-Label Sire versprach in der aufkeimenden Punk-Bewegung nach Jahren des Leisetretens rosige Zeiten für The Flamin‘ Groovies. Drei komplette Alben, shake some action, now und jumpin‘ in the night spielten die frisch umbesetzten Groovies zum Teil unter der Ägide von Rockpile-Chef und Besitzer der walisischen Rockfield-Studios Dave Edmunds ein, die mit einigen Singles-Only-Tracks sowie diversen Outtakes und Demos das randvoll gefüllte 2-CD-Set bereichern. Neben jeder Menge inspirierter Coverversionen von „19th Nervous Breakdown“ bis „Paint It Black“, von „Please. Please Me“ bis „There’s A Place‘, von „5D‘ bis „Lady Friend“ im typischen Wall-Of-Sound von Produzentenlegende Phil Spector überraschen die Swinging-Sixties-Überlebenden mit authentischen Eigenwerken wie „Teenage Confidential“. „You Tore Me Down“ und „In The USA“.