The Beatles :: The First U.S. Visit

Neues über die Beatles? Gibt es das noch? Wurde nicht ohnehin jeder existierende Filmschnipsel in der anthology verwurstet? Offenbar nicht, denn the first u.s. visit ist kein Zusammenschnitt längst bekannter Szenen, sondern ein kompletter Dokumentarfilm, 1964 gedreht von David und Albert Maysles. Was die Brüder damals im Auftrag des britischen Fernsehens produzierten, enthält einige legendäre Sequenzen, die man tatsächlich schon häufiger sehen durfte: die Pressekonferenz am New Yorker Flughafen etwa, Auftritte bei Ed Sullivan und in Washington sowie einige Hotelzimmer-Szenen. Doch der Großteil des Films zeigt die Beatles so, wie man sie bislang selten zu Gesicht bekam: als vier unglaublich junge, sehr professionelle und neugierige Typen aus der Provinz, die Amerika entdecken, die Langeweile mit Witzeleien totschlagen und nach dem Auftritt Tanzen gehen und Mädels anbaggern. Dass eine derartige Nähe der Filmemacher zu den Hauptdarstellern später nicht mehr möglich war, versteht sich von selbst: Die erste US-Tour war beinahe noch ein Experiment mit Ungewissem Ausgang; niemand wusste, wie es Albert Maysles ausdrückte, „ob am Flughafen nun fünf oder 5.000 Fans Worten würden“. Danach waren die Beatles jedoch zu groß geworden, um sich von Filmleuten noch derart auf die Füße treten zu lassen. So fängt the first u.s. visit einen denkwürdigen Augenblick ein; näher an die Alltagsgeschäfte der Fab Four kann man wohl nicht kommen. Lustig, wie sich im privaten Rahmen plötzlich alle Vorzeichen ändern: Ringo, auf der Bühne und im Studio bekanntlich eher im Hintergrund, entpuppt sich als Spaßchen machender Aktivposten, George ist alles, nur kein „stiller Beatle“, und John, ansonsten gerne der Wortführer, hält sich mit Gattin Cynthia ganz cool und eher wortkarg im Hintergrund. Paul ist einfach nur Paul, da gibt es keine Überraschungen. Kompliment an die Gebrüder Maysles, die mit – damals ungeheuer innovativer -Schulterkamera filmten und immer dran waren am Geschehen. Das 51-minütige „The Makinq Of“ mit nicht verwendeten Szenen ist eine sehenswerte Zugabe. Bisweilen glaubt man, Teile von a hard days night zu sehen, doch derwardamals noch in der Planungsphase, wurde von the first u.s. visit aber offensichtlich beeinflusst. Einen Unterschied gibt es natürlich: Richard Lesters Film ist Fiktion mit Doku-Elementen, die Maysles-Brüder zeigen die Wahrheit. Und nichts als die Wahrheit.