Television Personalities – Are We Nearly There Yet?

Neulich habe ich gelesen, beim Rezensieren von Popmusik gehe es vor allem um Distinktionsgewinne. Interessante Theorie. Rezensenten machen sich also wichtig, indem sie den Zeigefinger heben und den unbedarften Konsumenten mit Klugscheißerei überziehen. Das imponiert, und drum kriegen Rezensenten einen total superen Sozialstatus und die tollsten Frauen ins Bett. Und sind somit selber so was wie Popstars. Die funktionieren auch nichtanders: Pumpen sich groß wie brünftige Frösche und behaupten,sie wüssten alles über Liebe, Sex und den Hunger in Afrika, und schon baden sie in Geld und Koks. BeiIndependentkonsumenten zieht das nicht, die fordern eine alternative Distinktion. Aber wenn einer 1981 behauptete, er wisse, wo Syd Barrett lebt, dann zog das, schon allein der Name: Syd Barrett! Ich habe 1983 mal gesehen, wie Dan Treacy und dieTV Personalities auf einer kleinen Bühne behauptet haben, sie wüssten, wo Syd Barrett lebt. Kleine Bühne, wie gesagt, und viele Leute waren nichtda; so istdasmitden Distinktionen, aberdie.die da waren, haben sehrgegrinst, auch weil die Band gar nicht wirklich spielen und singen konnte, aber irgendwie charmant war in ihrem psychedelischen Dilettantismus. Treacy ist mit der Barrett-Behauptung (plus mehr coolem Namedropping: Bill Crundy! Twiggy! Hockney! Dali!) und einem ironischen Naserümpfen über „Part Time Punks“ berühmt geworden, na ja: milde berühmt; aber die Distinguierten grinsen noch heute, wenn das Lied erklingt. Danach hat er viele Jahre weitergewurstelt, in vielen Besetzungen, hat ernsthaft das Saufen angefangen und Gott sei Dankwiederaufgehört, und jetzt gibt es ein neues Album seiner Band (das zweite seit der Reunion, aber schon vordem ersten im Sommer 2005 aufgenommen), das genauso charmant-dilettantisch-psychedelisch-melancholisch-putzig klingt wie früher. Dass es sich außer den Frühdistinguierten viele Leute anhören werden, ist indes fraglich, weil’s zwar eifrig twängelt wie einst, aber ein „Eminem Song“, ein „Peter Gabriel Song“, ein Killers- und ein Springsteen-Cover sind halt nicht so cool wie die Barrett-Sache, zumindest theoretisch. Warum ich das alles dann erzähle? Weil die, die in Frage kommen, aufgrund der eingangs erwähnten Theorie mirfolgen und sich die Platte trotzdem anhören werden, mit Freude und Gewinn und dem alten (oder einem ganz neuen) Grinsen.

>» www.televisionpersonalities.co.uk