Tangerine Dream :: Tangents

Auch opulente Box-Sets feiern Jubiläen. Die vor zehn Jahren erstmals veröffentlichte 5-CD-Anthologie tangents wird von Virgin mit einer Neuedition gefeiert. Doch auch das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Retrospektive einer der wichtigsten deutschen Elektronik-Pioniere eigentlich ein Schuss in den Ofen ist. Zu unspektakulär, zu wenig durchdacht wird hier wahllos und ohne Chronologie an sich erstklassiges Material der Jahre 1973 bis 1983 jene Phase also, in der Tangerine Dream beim Virgin-Label unter Vertrag standen in zum Teil neu eingespielten Versionen oder seltsamen Remixen aneinander gereiht. Zumindest auf den ersten drei CDs die immerhin mit Albenauszügen aus PHAEDRA, RUBYCON, STRATOSFEAR, CYCLONE, FORCE MAJEURE, EXIT und HYPERBOREA die Glanzära des vom Berliner Multiinstrumentalisten Edgar Froese bis heute gesteuerten Unternehmens repräsentieren. Disc Nummer vier bleibt von „additional recordings“ zwar weitgehend verschont, doch so ganz unangetastet geraten Soundtrack-Auszüge aus THIEF, SORCERER, RISKY BUSINESS, FIRESTARTER, WAVELENGTH und FLASHPOINT denn auch nicht. Dass, was für viele Altfans wohl der triftigste Kaufgrund sein dürfte, sind jene zehn Aufnahmen, die zu der Zeit der Erstveröffentlichung der Box neu bzw. unveröffentlicht waren. Das sind vorwiegend solistische Ergüsse Froeses, die allerdings oft nur Mittelmaß bieten. Nach dem passablen Opener „Vulcano , der stark nach den frühen achtziger Jahren klingt, machen sich auf vielen Stücken flächige Keyboards und billige Sounds von Rhythmus-Maschinen breit. Davon ausgenommen sind das stark an HYPERBOREA erinnernde „Great Barrier Reef“, „Afternoon On The Nile“ mit mehrschichtigem Klanggeflecht sowie das atmosphärische „Jamaica Monk“ . Froese hat in den meisten Fällen den Originalaufnahmen Überflüssiges beigemengt. Zum Teil wurde der Charakter der Originalstücke beim Remixen so stark modifiziert, dass eigentlich nicht mehr viel vom oftmals genialen Ursprung übrig geblieben ist. Das ist sehr gewöhnungsbedürftig und ein Ärgernis, weil die Originale ihrer typischen Atmosphäre beraubt wurden.