Susan Screen Test – A Million Years Between Us

Es gibt Platten, die drängen sich einfach auf. Die Tracks gehorchen einer Form. Die Hooklines schmeicheln und werben. Die Harmonien schmiegen sich an wie liebeshungrige Straßenkatzen. A MILLION YEARS BETWEEN US tut nichts dergleichen. Knappe 80 Minuten lang liefert das Album vor allem eins: Komplexität. Eine Komplexität, die sich aus dem Reservoir progressiver Songstrukturen speist, wie sie in den 70er Jahren verbreitet waren. Eine Komplexität, die jedoch auch auf zeitgenössische Maßstäbe verweist, wie sie etwa … Trail Of Dead setzen. Sich diesen sperrigen Postrock-Epen anzunähern, erfordert nicht nur Zeit. Vielmehr verlangt es nach einem Verständnis, das die Geschichte der Popmusik als Widerstreit zweier Prinzipien begreift: dem Streben nach der schlichten, idealen Struktur auf der einen, der Suche nach Kunst, nach Tiefe und Wucht auf der anderen Seite. Susan Screen Test aus Hamburg stehen irgendwo dazwischen. Sie ergehen sich in verschraubtem Progrock. Setzen Breaks, leiern, protzen, flattern und schrammeln. Und doch verlieren sie nicht den Boden unter den Füßen. Irgendwann, sei es nach einer Minute oder nach vier, landen sie wieder bei der klassischen Komposition. Ein Aufatmen, wenn die Vocals einsetzen. Eine Erlösung, wenn hinter Gitarrenwänden eine Kindermelodie hochschwappt. Mitunter erinnert das Treiben des Trios sogar an die Shoegazer der 90er Jahre. Eine Gruppe von Bands, die heute ähnlich populär ist wie die frühen Genesis. Doch gerade sie beherrschten die Gratwanderung zwischen Song und Epos, zwischen Rock’n’Roll und einem ernsthaften musikalischen Interesse. Gerade dieses Moment taucht bei Susan Screen Test wieder auf. Häufig ungeschliffen und roh. So als suchte die Band noch nach der idealen Ausdrucksform. Doch schon der Ansatz verspricht ein Potenzial, das die meisten deutschen Bands nicht besitzen.