Sufjan Stevens :: The Avalanche – Outtakes and Extras From The Illinois Album Rough Trade/Sanctuary/Rough Trade

Warum Sufjan Stevens seinem Album einen so grausamen Untertitel gab. ist ein Rätsel. Das riecht nach ollem Plunder, den man einem erfolgreichen Album hinterherwirft, um den letztjährigen Erfolg noch einmal zu wiederholen. Dabei ist the avalanche ein vollwertiger zweiter Teil. Bevor man sich eingehend dem Inhalt widmet, ist gut zu wissen, daß Stevens eine Idee, nein, eine Mission hat. Alle amerikanischen Bundesstaaten will er mit einem Album bedenken. Nach seiner Heimat Michigan ist Illinois der zweite. Den Größenwahn der Idee beruhigt die Musik. Mit nachdenklicher Stimme erzählt Stevens sich selber Geschichten, während sich das Land vor dem Autofenstervorbeidreht. Sufjan sitzt im Pick-up, und er ist kein aggressiver Fahrer, sondern einer, den jede Aussicht zur Rast lädt. Gerne auch zum zweiten, dritten, vierten Mal. „Chicago“ , Song des Vorgängeralbums, ist hier in drei weiteren Variationen abgebildet, die farblich je nach Tageszeit von akustisch bis elektronisch changieren. Weitgehend mit akustischen Instrumenten werden hier Reisegeschichten, Reisegesichter erzählt. Schwermütig läßt sich „Saul Bellow“ am Ufer des Lake Michigan nieder, der „Kaskaskia River“ wirbelt, plitschert, gurgelt sein instrumentales Lied. Von „Chicago“ über „Springfield“ bis „Pittsfield“. Stevens schichtet Glockenspiel über Bläser über Streicher über eine Band. Zusammen aber gibt das keinen orchestralen Protz, sondern ein immer luftdurchlässiges, polyphones Gewebe, dem die Stimme und ihre charmant schüchterne Melodie die Richtung weist, bis die Instrumente sich in eine Klangfläche verbreitern dürfen und das Bild bei geschlossenen Augen auf der Netzhaut stehenbleibt. Der Sänger sitzt in diesem Moment schon wieder im Auto und brummt in so gemächlichem Tempo die Straße hinunter, daß man meint, mitlaufen zu können. Eine einzige Kleinigkeit bereitet da noch Sorgen: Wenn Stevens schon dem zweiten Bundesstaat gleich zwei Alben widmet, könnte nach menschlichem Ermessen seine Lebenszeit etwas knapp werden, bevor der letzte der 50 Staaten fällt. Aber würde Stevens sich beeilen, er würde die schönsten Plätze übersehen. VÖ:21.7

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