Sportfreunde Stiller – You Have To Win Zweikampf

Wenn man zehn Jahre Sportfreunde Stiller kurz zusammenfassen sollte, dann vielleicht so: als Suche nach und Arbeit an einer Methode, mit der zwangsläufigen Tendenz zur Uneigentüchkeit umzugehen. Zwangsläufig, weil sich die granatenmäßig wuchtige Eins-zu-eins-Umsetzung (nach wie vor wirksam nachzuhören auf den ersten zwei EPs) nicht durchhalten läßt, so wie sich ein 30-Jähriger anders verliebt als ein 14-Jähriger. Also: von der unmittelbaren Empfindung über das erzählte Gefühl zur „künstlich“ (aus Kunst) konstruierten Geschichte, für die das Konzeptalbum eine naheliegende Form bietet. Da kommt es zu Phantomschmerzen, weil Abstand, Ironie und ästhetisches Geschick den Rausch des Beginns nicht ersetzen können. Das kann nicht mal die Ruhe der eventuellen Vollendung, aber es hilft nichts: Zurück geht nicht. Eigentore schießt aber auch der Erfahrene: Die Coverversion von „Pogo In Togo“ geht in die Hose, weil es ihr an Entschlossenheit fehlt – und vor allem an dem Wahnwitz, der überschäumenden Blödsinnskollektivität des United-Balls-Originals. Nicht ganz ins Schwarze treffen aus demselben Grund das nur halbwegs zündende „Nix geht mehr“, das arg vorhersehbare „Come sara?“ und die ebenso berechnete wie berechenbare Single „54,74,90,2006“ (die allerdings nach einem Scheitern der deutschen Titelträume ironische Qualitäten entwickeln könnte, die vielleicht schon eingebaut sind). Aber es ist halt auch die Frage, was man erwartet – eine „intellektuelle“ Auseinandersetzung mit dem Kickerthema? Die bleibt uns zum Glück ebenso erspart wie allzu dumpfes Tote-Hosen-Grölgehardrocke; in den schwächsten Momenten schrammt die Platte immer noch knapp oberhalb der Volksfestgrenze entlang, weil einfach zuviel musikalisches Leben, zu viel Elan und Ideen in der Band stecken, um im Bierbauchsumpf zu versinken. Die schöneren Passagen sind, was die Sportfreunde Stiller nach zehn Jahren im Idealfall sind: melodisch, hymnisch, witzig, charmant – und einmal, in Rüdes „Tischtennis‘-Beitrag, fast noch mal so richtig genialnaiv und unbekümmert wie damals, samt wunderhübschem Grammatikfoul im Titel und einem so hinterfotzig unwiderstehlichen Mitsing-Refrain, daß sich wahrscheinlich nicht mal Oliver Kahn ein Grinsen verkneifen könnte

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