Sportfreunde Stiller – La Bum :: Das Burli wird erwachsen

Wenn man die Lieder der neuen Platte einer Popband, sagen wir: fünfmal gehört hat, die CD dann zu Hause im Player lässt und über ein verlängertes Wochenende zu einem Festival fährt, dort 101 andere Bands und 1001 andere Lieder hört, und trotz des Musikbombardements klingeln einem dann bei der Heimfahrt die Lieder der besagten neuen Platte im Kopf, abwechselnd, wie von einem iPod Shuffle im Hirn, dann muss diese Popband etwas richtig gemacht haben. „Wie lautet der Titel vom nächsten Kapitel?“, fragt Peter Brugger im famosen, zickig-angefunkt rockenden Opener (dem vielleicht heaviesten Sportfreunde-Stück bisher). Es könnte „Burli 2.0“ heißen. La Bum knüpft dort an, wo das letzte „richtige“ Album vor dem übermütigen WM-Intermezzo You Have To Win Zweikampf die Masche liegen ließ. Hier werden keine neuen Welten erschlossen, dafür mit verfeinerten, erweiterten songschreiberischen und musikalischen Mitteln weitergestrickt. Da sind die bekannten Themen in neuen Variationen: Liebesnot, Liebesfreud, Freundschaft, ein bisschen Lebensphilosophie, der bübische Humor (leider etwas sehr textflach: die Single „Alles Roger“) und die gewohnten, liebenswerten Reim-dich-oder-ich-fress-dich-Textpassagen; nur die Sportreferenzen haben sie sich verkniffen. Da sind die Hüpflieder, die Mitsing-Refrains, quietschende Synthie-Hooks, ein bisschen gepflegter Balladen-Streicher-Schmonzes, tolle mehrstimmige Gesänge (gut: Man kann sich fragen, ob es sein musste, dass Uwe Hoffmann, langjähriger Sportfreundeund noch längerjähriger Ärzte-Produzent ihnen einige gar so offensichtliche Ärzte-„ba-ba-baa“-Chöre verabreicht). Wo man hinhört, tolle Melodieführungen, fantasievolle Dramaturgie in den Arrangements, Dynamik, Soundvielfalt. Fast jeder Song hat diese speziellen Momente, i-Tüpfelchen und Sahnehäubchen, tentakelhafte Hooks, raffinierte Wendungen, melodieselige Breaks, auf die man sich immer wieder freut. Man nehme das ziemlich perfekt gebaute „995er Tief über Island“, einen treibenden Midtempo-Surfsong mit flockig blue-eyed-souligem Backbeat wie aus der Motown called malice. Oder das großartige „Eine gute Nacht“: funky angerissenes Rockriff meets NDW-Dengel meets St.-Martins-Lied. Mittlerweile schreibt die ganze Band Hits. Bassist Rüde Linhof trifft ins Schwarze mit seinen beiden Kompositionen, der schmachtenden Ballade „In unmittelbarer Ferne“ und dem scheppernden Weltenchaos-Punkpop-Hauer „Sodom“; Drummer Flo Webers euphorisches „Mo(nu)ment“ ist zum Live-Klassiker bestimmt. Live könnte wohl bestenfalls auch „Legenden“ funktionieren, der nach all der charmanten Popherrlichkeit doch etwas seltsame Abschluss der Platte. Da versteigen sich die Sporns in eine pathetisch-bierernste Heldenhommage, komplett mit „Hey Jude“-eskem Outro. Und das ist definitiv nicht ihr, äh, Spielfeld.

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