Sorry3000
GRÜSSE VON DER ÜBERHOLSPUR
Audiolith (VÖ: 19.4.)
Die Band aus Halle an der Saale seziert mit fluffigen Indie-Pop den Spätkapitalismus.
Abgrenzung und Außenseitertum, das waren die Schlagworte der Hamburger Schule. Die jungen Tocotronic überführten diese Haltung ins 21. Jahrhundert, bevor Dirk von Lowtzow sein Glück in der Verrätselung fand. Gut also, dass es heute Sorry3000 gibt, die zwar nichts mit dem Furor der jungen Tocotronic am Hut haben, dafür aber mindestens ebenso viele Identifikationsangebote im Gepäck.
AmazonIhr „Aber hier leben, nein danke“ trägt den Titel „Hinterm Kreisel“ und mündet als verspießertes Dorfpanorama in der Songzeile „Ich find’s echt schön / Dass ihr euch damit wohlfühlt / Aber ihr wisst schon / Dass das gar nicht geht / Wie ihr lebt“. Es ist der galligste Song eines Albums, hinter dessen indiepoppiger Fluffigkeit allerlei feine Spitzen lauern, mit denen Sorry 3000 das Leben im Spätkapitalismus aufspießen.
„Ich will sparen“ umschreibt die Unmöglichkeit desselben angesichts all der schönen Produkt-Versuchungen, die uns umgeben, während Songs wie „Ich muss mich noch anstrengen“ und „Küste am Atlantik“ eine Arbeits- und Urlaubstristesse verströmen, die einem ebenso so sehr das Gruseln lehrt wie die Burnout Feelings von „Sonntagserschöpfung“ oder der Sex-Dating-Pragmatismus von „Nur im Spiel“. Auf derart erschöpfte Weise catchy klang Gesellschaftskritik schon lang nicht mehr, wie toll!
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