Sonny Rollins – Sonny, Please

Die graue Eminenz des Jazz kann es nicht lassen – und selbst nostalgische Schwelgereien erhitzt er zum Siedepunkt.

75 Jahre sind im Jazz kein Alter, zumindest wenn man die Finger von illegalen Substanzen gelassen hat. Wer aber seit einer halben Ewigkeit in sein Tenorsaxophon reinröhrt, der muss dann doch immer öfters unters Sauerstoffzelt. Als einer der furchtlosesten Urväter des Modern Jazz hat Sonny Rollins zwar schon ab den 80er-Jahren lange Regenerationspausen einlegt. Wenn er dann aber einmal auf der Bühne oder im Studio steht, ist er so schnell nicht wieder runter- bzw. rauszubekommen. Mit seinem schlohweißen Schopf und Rauschebart baut er sich als weiser Prophet vor den Mikros auf. Und schon in den ersten Tönen steckt genau dieses unverbrauchte Powerplay, dieses raubeinig-robuste und vollmundige Hinlangen, mit dem er schon als 20-Jähriger den Jazzmutterboden umgegraben hat. Damals, als er 1954 von Miles Davis unter die Fittiche genommen worden war – bevor er mit eigenen Formationen und Ideen das gesamte Bop-Spektrum ins Visier nehmen sollte. Mehr als nur etwas von den guten alten Zeiten steckt auch in seinem Album SONNY, PLEASE, für das er Jazz-Standards wie das bluesige „Stairway To The Stars“ und „Someday I’ll Find You“ mit alten Radio-Titelmusiken wie „Serenade“ von Ricardo Drigo kombiniert hat. Doch Rollins wäre nicht Rollins, wenn er das nostalgische Flair nicht mit überblasenen Attacken aufbrechen und mit zahllosen Haken und Ösen versehen würde, bei dem er sein Saxophon grunzen, hüpfen und pumpen lässt. Natürlich kann er immer wieder auch anders. Beispielsweise im rhythmisch lässig aufgeladenen „Nishi“, bei dem Posaunist Clifton Anderson seine Kommentare so lange sonor durchzieht, bis man gemeinsam die Cool-Jazz-Kurve bekommt. Bei den letzten Deutschland-Gigs hat Sonny Rollins sich gerne mal eine rote Nelke ans Revers gesteckt. Im Gegenzug seien ihm jetzt für sein Album rote Rosen auf den Weg gestreut. VÖ 26.1. >>>

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