Something Is Wrong – Vintage :: Recordings From East Africa
Honest Jons/Indigo
Neues Altes aus dem schier unerschöpflichen Archiv der EMI. Mit diesen 35 Roots-Tracks aus Kenia und Uganda hört man afrikanische Musik ohne Afrobeat.
Mark Ainley möchte man sein. Dann ginge man einer ganz und gar luxuriösen Tätigkeit nach. Und das schon seit ein paar Jahren. Ein Ende ist auch noch lange nicht in Sicht bei den 150.000 schnelldrehenden Schallplatten, die das EMI-Archiv im englischen Middlesex beherbergt. Mark Ainley geht bei EMI ein und aus auf der Suche nach den vergessenen Musikschätzen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, nach vor allem in Afrika und Asien veröffentlichten Tonträgern, die vor dem Briten vielleicht nur ein handverlesenes Häufchen von Westeuropäern gesehen und gehört haben mag. Die neueste Ausgrabung des Honest-Jons-Labelbetreibers trägt den Titel Something Is Wrong und widmet sich über die Strecke von zwei CDs Vintage Recordings From East Africa. Diese Aufnahmen, die in den Jahren 1938 bis 1957 in Kenia und Uganda entstanden sind, wurden in Großbritannien auf Platte gepresst, um dann wieder nach Afrika geschickt zu werden – die Geschichte ist schon auf anderen Honest-Jons-Veröffentlichungen erzählt worden, EMI versuchte in diesen Jahren, die Schallplatten- und Grammofonverkäufe bei der afrikanischen Bevölkerung anzukurbeln. Was Something Is Wrong aber zu einer besonderen Veröffentlichung in dieser EMI-Archivreihe macht, ist die Abwesenheit jener Merkmale, die den später zu Berühmtheit gelangten Afrobeat der West Coast mit Soul, Funk und Jazz aus den USA verbinden. Das hier ist strikt East Coast. Ainley öffnet einen weithin unbekannten Soundkosmos, wir hören das Kratzen der Ndingi, einer Fiedel, die den Eröffnungstrack „Wireless“ wie mit einer Fräse durchzieht, das schnarrende Akkordeon in den (entfernt an Cajun erinnernden) Songs von J. P. Nyangara. Vorgestellt werden Percussion-Ensembles, die Taarab-Musik (der Suaheli sprechenden Communitys) inklusive der Einflüsse arabischer und indischer Musik in den Hafenstädten und der Lieder der fahrenden Sänger, die den Großteil der Zusammenstellung ausmachen. Sänger konnten zu Hochzeiten und anderen Feiern bestellt werden, zogen wie der auf „Wireless“ zu hörende Ssekinomu von Markt zu Markt mit ihren Liedern und waren so etwas wie die Nachrichtensprecher ihrer Region. Diese faszinierenden Vintage-Aufnahmen erinnern daran, dass nicht jede Musik, die zwischen Kapstadt und Lagos produziert wurde, mit dem Etikett Afrobeat versehen werden muss. Es gibt eben auch ganz andere afrikanische Geschichten.
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