Sleater-Kinney
LITTLE ROPE
Concord/Universal (VÖ: 19.1.)
Schmerz und seine vielen Gesichter: Die Indierockerinnen stürzen sich in die Arme der Hörer:innen.
Trauer, Wut und Verzweifung müssen nicht zwangsläufg so klingen, als sollte unbedingt ein Taschentuch in Reichweite liegen. Selbst das größte Drama kann die Hüften schwingen lassen. Bestes Beispiel: „Dance This Mess Around“ von den B-52’s: Cindy Wilson fragt mit größtmöglichem Seelenschmerz „Why don’t you dance with me?“, die Band spielt dazu einen Song genau auf der Schnittstelle zwischen Party und Tristesse – Dance the Borderline!
AmazonZweitbestes Beispiel: „Say It Like You Mean It“. Den Beat haben sich Sleater-Kinney bei den B-52’s ausgeliehen, der Song darüber ist einzigartig und einer der besten in der 30 Jahre langen Karriere dieser wunderbaren Band. Der Erzählung nach gab es kurz Stress im Studio, weil Produzent John Congleton – Grammy-Gewinner für seine Arbeit mit St. Vincent – Corin Tucker nahelegte, sie müsse den Song bitte noch einmal neu einsingen, sonst verschenke sie dessen Potenzial. Tucker tobte innerlich, schlief eine Nacht drüber, machte die Vocals neu – und hat nun diese Dringlichkeit in der Stimme, die dieses Stück so unglaublich gut macht.
Und das Album gleich mit. LITTLE ROPE steht im Bann des tödlichen Unfalls von Corrie Brownsteins Mutter und Stiefvater. Der plötzliche Tod der Eltern stellt Gewissheiten auf den Kopf, Sleater-Kinney reagieren darauf mit Songs, die von Einsamkeit handeln, sich dabei in die Arme der Hörenden stürzen. Mal lärmend, wie „Six Mistakes“, mal hüpfend, wie „Crusader“, mal mit großer Geste: „Untidy Creature“ ist die Neuerfindung der Powerballade im Sleater-Kinney-Kosmos.