Sir Was
Digging A Tunnel
City Slang/Universal
Hell, schimmernd, ungreifbar: Der schwedische Spätzünder debütiert mit einer eindrucksvollen Indie-Trip-Hop-Electronica-Wundertüte.
Alles beginnt mit dem verrauschten Sample eines Countdowns – unweigerlich hat man das NASA-Kontrollzentrum vor Augen – dann klackert der trockene Drumbeat los, eine Bassgitarre schlängelt sich grummelnd durch den atmosphärischen Unterbau von „In The Midst“ und Joel Wästbergs Stimme bahnt sich ihren Weg vom Sprechgesang zur Indie-Hook. Schaut man sich die Biografie des Schweden an, ist DIGGING A TUNNEL wohl wirklich so etwas wie seine eigene Mondlandung.
15 Jahre hat er im stillen Kämmerlein an seinem musikalischen Coming-out herumgebastelt: erst bei Saxofonsessions im westschwedischen Provinznest Frillesås, später auf Reisen durch Afrika, bis er mit Mitte dreißig schließlich bei City Slang unterkam. Die Platte klingt nun tatsächlich, als hätte er jahrelang angestaute Ideen, Ambitionen, Melodien auf einen Schlag freigelassen. Wir hören TripHop-Beats, Electronica-Loops, angejazzte Arrangements, Soul und Folkmelodien: Sir Was kombiniert und schichtet alles zu unwiderstehlich knisternden und schnalzenden Indie-Balladen auf.
Nie scheint er sich lange bei einem Genre oder einer Idee aufhalten zu wollen. Das macht den Sound auf wunderbare Weise ungreifbar und ansteckend zugleich – darin erinnert Sir Was an den frühen Caribou. In „A Minor Life“ tönt ein Dudelsack zu melancholischen Synthesizern (wann hat das zuletzt funktioniert?), in „Falcon“ idyllisches Vogelgezwitscher zu knackigem Breakbeat. Und Wästbergs schöner Falsettgesang kreist spiralförmig um die Soundelemente. Mit jedem Durchlauf wachsen diese eigenwilligen Songs zu neuen Indie-Lieblingen heran.