Simon Joyner
Step Into The Earthquake
BB*Island/Cargo (VÖ: 6.10.)
Seit den frühen Neunzigern interpretiert der amerikanische Songwriter die Americana mit wunderbar rumpeliger Schlagseite. So auch hier.
Möchte man von der künstlerischen Prägung des leider immer noch allzu unbekannten Simon Joyner erzählen, so fängt man am besten ganz am Ende dieses hörenswerten Albums an. „I Dreamed I Saw Lou Reed Last Night“ heißt der letzte Song auf STEP INTO THE EARTHQUAKE, und was sich bereits angesichts der Dauer von gut 19 Minuten andeutet, wird beim Hören dieses faszinierend rauen, dreckig-dissonanten Endloscrescendos umso klarer: Hier ist einer, der das avantgardistische Schaffen der Velvets auf eine Weise absorbiert hat, die weit über die bloße Pastiche hinausgeht. Einer, der allein schon vom Timbre her wie ein wiedergeborener Lou Reed wirkt.
Dabei liegt Joyners eigentlicher Fokus gar nicht auf dem Rock. Vielmehr ist es eine wunderbar süffig-rumpelige Form der Americana, die der Mittvierziger aus Omaha primär kredenzt, indem er sich als feiner, dylanesker Beobachter mit brüchiger, mitunter gar etwas kippeliger Stimme durch die Weite eines Amerika singt, dem längst die Behaglichkeit abhanden gekommen ist. Große Erzählkunst, tolle Songs. Wieder mal.