Sébastien Tellier :: My God Is Blue
Der Mann mit dem Look eines Clochards bringt Chanson und Elektro-Pop meisterlich zusammen.
Man darf vermuten, dass sich dieser doch sehr ans Herz gewachsene Franzose in den vergangenen Jahren Fragen gestellt hat. Zwei davon lauteten wahrscheinlich: Wer bin ich und was will ich? Dabei dürfte ihm in den Sinn gekommen sein, dass das etwas sehr offensiv ausgefallene Album Sexuality vor vier Jahren nicht unbedingt karriereförderlich war. Er betätigte sich da auf Gebieten, die nicht die seinen sind. Was Tellier jetzt anbietet, ist toll. Er ist in die Rolle von Poseidon geschlüpft und im tiefblauen Meeresreich auf Inspirationsfang gegangen – so erläutert es der Künstler jedenfalls selbst. Ein bisschen weg von dem, was man sonst hört, liegt seine Musik auf jeden Fall. Ein Tauchkurs ist zum besseren Verständnis aber nicht vonnöten. Man spürt, dass der Bohemien auf typisch französische Chansonnier-Romantik mit Orchestereffekten hinaus will. Gerne setzt er in seinen Balladen schwere elektronische Beats ein, die dem Ganzen Zug geben. Tellier scheut sich auch nicht, Gitarrensoli für die Steigerung der Dramatik zu bringen. Er bindet osteuropäische Folklore und Rumba-Rhythmen mit ein. Und er beschwert sich über die „Schweinestadt“ mit Hilfe eines Disco-Funk-Grooves und kräftig Bass. Tellier probiert vieles. Das Gute ist, dass er sich dabei nie vergreift, keinen einzigen Füller abliefert und die Spannung konstant hoch hält. Ganz hervorragend.
Key Tracks: „The Colour Of Your Mind“, „Cochon Ville“, „Mayday“
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