Scenario Rock – Histrionics

Lasst euch nicht verrückt machen von den Marktschreiern, die versuchen, dieser Platte wenigstens einen Moment von Aufmerksamkeit zu verschaffen-in Zeiten gänzlich versiegender Marketingbudgets. Die schreien „Justice! Justice!“, weil Justice ihre französischen Kollegen von Scenario Rock schätzen, sie ins Vorprogramm nehmen, mitsingen lassen (auf der neuen Single „DVNO“), sie remixen etc. Und sie rufen „Police!“ und „The Cure!“ und „Pixies!“ und nicht etwa XTC, Microdisney, Orange Juice oder Squeeze. Das wäre zwar weitaus zutreffender, aber wer kennt die denn alle(s) noch, fühlt sich sogar angeregt dadurch? Auf jeden Fall klingt der Vorort-Pariser Mehdi Pinson(der übrigens nicht etwa auch DJ Mehdi ist) samt vielköpfiger Verstärkung für Franzosen wirklich verboten britisch. Und das, obwohl ihr überambitioniertes Debüt von 2004 mit Unterstützung von Eels-und Beastie-Boys-Sidekicks ausgerechnet in LA aufgenommen wurde. Sie kriegen das alles nahezu perfekt hin. Mit sehr feinen Noten von Affektiertheit, Geziertheit, süßer Arroganz. Und auch die vielen kleinen Geschichten vom Scheitern, wenn auf der Suche nach dem perfekten Popsong wieder mal für den kleinen entscheidenden Moment das Ziel aus dem Auge verloren wurde, werden in ihrer manierlichst arrangierten und präzise auf den Punkt gespielten Musik erzählt. Oben drauf gibt es mit dem Titelsong ein Softpop-Ungetüm, das schon beginnt wie schlimme Balladen enden. Dem man deshalb keine Chance gibt-und der sich aber doch über 1000 Beckentuschs, Tonleiter-Ringelreigen, schöne Verwirbelungen auf Harfe, Flügel, Flügelhorn und manchen kammermusikalischern Pomp mehr in erstaunlich stattlicher Haltung über die Zehn-Minuten-Marke rettet. Da fühlt man sich harmoniegeduscht wie selten und wundert sich noch ein wenig hintendrein: Wie haben die das denn gemacht? Und lässt die Bonus-CD lieber mal noch stecken -darauf alle möglichen Remixes, auch der eine von Justice… Jetzt, schreien: Justice!Justice!

>» www.myspace.com/scenanorock