Sandy Dillon – Pull The Strings

„Die kleine Schwester von Tom Waits.“ „Die Tochter von Captain Beelheart.“

„Der verhaltensgestörte Zwilling von Polly Jean Harvey.“ Und das Promo-Blatt verheißt: „Das vierte Album von Sandy Dillon verbreitet gute Laune.“ Das ist natürlich ironisch gemeint. Denn Pull The Strings ist erstens – Sandy Dillons achter Longplayer. Und wenn es, zweitens, eines nicht tut. dann ist es das: Unterhalten. Pop sein. Aber anderes war ja nicht zu erwarten bei einer Künstlerin, der die eingangs zitierten Etiketten aufgepappt werden, wann immer sie sich mit einer neuen Platte zu Wort meldet. Electric Chair mit seinen Dissonanzen, akustischen Veitstänzen und schräg klappernden Songs entpuppte sich 1999 als wahrhaft unerhört, auf East Overshoe (2001) baute Sandy Dillon Elemente aus Blues und Gospel in ihre Musik ein. ehe sie auf Nobody’s Sweetheart (2003) einen atemberaubenden Stilwechsel hin zu Keyboards und Sequencer-Rhythmen vollzog. Das war natürlich nicht jedermanns Sache damals. Miss Dillons neues Werk darf man sich nun am ehesten als Mixtur ihrer ersten beiden Alben vorstellen. Trunken taumelnde, gern mal atonal tretende, von verfremdeten Stimmen ins Spukige überhöhte Stücke treffen auf schwärende, sinistre Balladen, die mal nach dem Lied eines verängstigten kleinen Mädchens klingen („Broken Promises“), mal nach Kate Bush auf schlimmen Drogen („Play With Ruth“), einen aber gewiß nächtelang im Schlaf verfolgen werden. Es gibt hier Kirmesmusik („The Midway“), Trauermärsche („Who’s Answering“) und Songs, die natürlich perfekt auf die klassischen Tom-Waits-Alben Swordfishtrombones und Rain Dogs gepaßt hätten („Why?“). Doch irgendwann nervt dieses ganze Flirten mit dem kaputten Schick ein bißchen. Zumal’s zum Ende des Albums hin arg elegisch wird und die Stücke nicht durchgehend so zwingend ausfallen wie die Genannten – vor allem nicht wie das wahnsinnige „Blindcore“, der Killertrack auf diesem Album. Sagen wir mal so: Wäre Pull The Strings statt 62 nur 37 Minuten lang, wir sprächen hier von einer Fünf-Sterne-Platte.

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