Rome :: Capitol/EMI
When in Rome, make a record: Der umtriebige Produzent und sein Lieblingsitaliener mit einer Hommage an die Filmmusik der Ewigen Stadt. Norah Jones und Jack White sind auch dabei.
Zum Thema Rom gibt es unterschiedliche Meinungen. Der Halb-Italiener Mathias Modica von Munk und Gomma Records etwa findet, die Stadt und das ganze Land seien nach zu vielen Jahren Berlusconi kulturell ausgeblutet. Leute von außen, die keinen so engen Bezug zum Apennin haben, sehen das anders. Ihnen sind der Skandal-Premier und die Gegenwart einerlei. Sie reisen mit der romantischen Vorstellung von der Ewigen Stadt an, in der die Hochkultur zu Hause ist und wo man zu Taten inspiriert wird. Air haben sich dort mit Schriftsteller Alessandro Baricco verbündet, Morrissey hat Ennio Morricone persönlich angeheuert. Auch von Brian Burton alias Danger Mouse ist schon länger bekannt, dass er ein großer Freund des Autorenfilms und von italienischen Filmsoundtracks ist. Auf die Idee, sich als Produzent näher mit diesem Metier auseinanderzusetzen, kam er durch Daniele Luppi. Der Soundtrack-Komponist aus Padua („Nine“, „Hell Ride“) hatte im Jahr 2004 die Album-Hommage An Italian Story veröffentlicht und dafür Orchestermusiker und Sänger aus dem Ruhestand geholt, die früher für Stücke von Morricone, Piero Umiliani, Bruno Nicolai und Armando Trovajoli engagiert wurden. Aufgenommen wurde ausschließlich mit analogem Equipment. Burton hat das über alle Maßen gefallen. Er wusste sofort, dass er den richtigen Kompagnon gefunden hatte. Wenig später begannen die Arbeiten an Rome und wurden in loser Reihenfolge Stück für Stück weitergeführt, wenn die beiden Cracks gerade mal nicht mit anderen Projekten beschäftigt waren.
Vor fünf Jahren flogen die beiden zum ersten Mal gemeinsam nach Rom, wo Luppi seine Kontakte spielen ließ und die gesamte Musikerschar zusammentrommelte, die schon an An Italian Story beteiligt war. Da wäre man gerne dabei gewesen: Ein Studio in den Katakomben unterhalb einer Kirche, uralte analoge Technik, die man in mühevoller Kleinarbeit zusammengesucht hatte, und diese unglaublichen Musiker, deren Hilfe heute aus unerfindlichen Gründen kaum mehr jemand in Anspruch nimmt. Edda Dell‘ Orso zum Beispiel, deren Sopran in unzähligen Kompositionen Ennio Morricones von 1964 bis 1996 zu hören ist, natürlich auch in „The Good, The Bad And The Ugly“ (dt. „Zwei glorreiche Halunken“). Und der nicht minder fantastische Alessandro Alessandroni, dessen Pfeifen jeder kennt, der schon einmal einen Spaghetti-Western gesehen hat. Er hat sogar schon mit Bela B. zusammengearbeitet („Die Wahrheit“). Wenn man diesen Leuten, den Chorstimmen und Musikern zuhört, kann man schon mal Zweifel an der Computermusik hegen, die sich in letzter Zeit so angesammelt hat. Diese unglaublich warm klingenden Streicher, dieser auch von Serge Gainsbourg bekannte Basssound, diese fein eingearbeiteten Stimmen und die komplette Absenz von Hektik veredeln alle Instrumentals auf diesem Album. Allein für den Song „Roman Blue“ gebührt den Herrschaften schon ein Denkmal.
Nun wollten Burton und Luppi aber nicht einfach nur das weiterführen, was auf An Italian Story vorexerziert worden ist. Ein bisschen mehr Pop, ein bisschen mehr Zeitgeist und nicht zuletzt ein bisschen mehr Danger Mouse darf es dann doch sein auf Rome. Jeweils drei Stücke werden von Jack White und Norah Jones gesungen, dem wohl ungewöhnlichstem Paar im Pop, das man sich vorstellen kann. Aber die beiden bringen sich auf ihre Weise ein. White hatte offenkundig den Auftrag, sich mit seiner Robert-Plant-Stimme nicht wie ein Rock-Gott aufzuspielen. Burton wollte, dass er wie ein einsamer Desperado in den Filmen von Sergio Leone singt. „The Rose With A Broken Neck“ und „Two Against One“ haben folglich mehr mit der Musik seiner Frau Karen Elson als etwa mit den White Stripes gemein.
Die Überraschung des Albums ist aber Norah Jones. Ihr sagt man ja nach, viel zu gefällig und harmlos zu sein. Doch genau der Mangel an Rock’n’Roll-Sozialisation macht sie in diesem Kontext zur Bestbesetzung. In der Filmmusik der Cinecittà gibt es ja ständig diese süßlich säuselnden Mädchenstimmen zu hören, die dem eigentlich kruden Inhalt auf Zelluloid einen ironischen Touch geben. Jones säuselt aber gar nicht mal. Sie singt raukehliger als sonst und gibt die Problem-Queen. Norah Jones, wie gesagt. Macht ein bisschen auf böse. Großes Theater.
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