Rocko Schamoni
Musik für Jugendliche
Tapete/Indigo (VÖ: 6.9.)
Liebe, Verlust und ewige Jugend – Deutschlands 1a-Entertainer für großes Pop-Kino unternimmt eine sentimental journey im sanften Orchestersound.
Als Vater eines 16-jährigen Sohnes hat mich der Albumtitel natürlich sofort angesprungen. Verwandelt der große Entertainer Schamoni sein Pop-Kino jetzt in HipHop-Erzählungen aus dem deutschen Teenager-Alltag? Der „Jugendliche“, wir haben es geahnt, ist bei Rocko ein Produkt der Reflexion, eine Spielwiese für Erinnerungen, die an das eigene Werden (ja, und auch: Vergehen) geknüpft sind.
AmazonUnd in diesem Fall, zwölf Jahre nach dem letzten eigenen Album (abgesehen von Fraktus-Aufnahmen und dem Tribute DIE VERGESSENEN) spielte der Tod des eigenen Vaters eine gewichtige Rolle. Die Versatzstücke des Verlustes treiben so über dieses Album, und finden im Song mit dem Titel „Mark Hollis“ einen weiteren Bezugspunkt. Schamoni dreht die Geschichte in die Traumzone, „ich weiß, wo Mark Hollis lebt“, Chor, Piano und Bläser produzieren sanften musikalischen Glanz, ach, wäre dieses Ding namens Jugend doch ewig. Alle Nicht-Jugendlichen dürfen jetzt ein Tränchen verdrücken.
„Dein Gesicht“ ist vielleicht die offensichtlichste Ode an den Vater, Orchester-Pop im Paulchen-Kuhn-Sound. „Ich und mein Pudel“ könnte, etwas weniger subtil produziert, ein Original-Schlager aus den Siebzigern sein, ironisch ist Rocko aber garantiert nicht. Eher ein leibhaftiger Liebhaber: „Unser freies Lied“ zitiert die Ennio-Morricone-Flöte aus den 70ern in einen ganz neuen Song über Illusionen.
Mein Sohn Alek hat mir nach einem Hördurchlauf übrigens gesagt, dass man schon etwas über diesen Rocko und seinen Vater wissen müsse, damit die Platte einem etwas sage. Und ist das Jugendmusik, frage ich ihn. „Es ist Musik.“