Rock Plaza Central – Are We Not Horses

Selbst schuld, wer beim Smalltalk über kanadischen Rock immer noch (oder nur) Arcade Fire und Broken Social Scene, Godspeed! You Black Emperor und die Hidden Cameras drauf hat. Dabei fällt die Überleitung von den bekannten Großvereinen zu Rock Plaza Central kinderleicht, wo wir es hier mit einem weiteren Kompakt-Orchesterzutun haben: Rock Plaza Central kommen aus Toronto, treten als Seven-Pack im erweiterten Folkspektrum an und sind die Band von Sänger, Gitarrist und Autor Chris Eaton. Dass wir im Zuge des Kanada-Hypes noch fast nichts von dieser Band gehört haben, ist 1) eine Schande und 2) der Tatsache zu verdanken, dass Rock Plaza Central bislang keinen Vertriebspartner in Europa hatten. Fangen wir mal von vorne an: Are We Not Men?, fragten Devo auf ihrem Album-Klassiker von 1978 (und gaben die roboterhafte Antwort We Are Devo gleich mit). Was in den knapp 30 Jahren passiert sein muss, um die Frage Are We Not Horses zu stellen, entzieht sich meiner durchaus düsteren Fantasie. Wahrscheinlich hat das jetzt wieder mit dem Klimawandel zu tun; in den Liedern von Chris Eaton treten Menschen mit Roboterpferden gegen Engel im Endzeitkampf an, es handelt sich um eine Art Konzeptalbum, die Pferde werden bis zum bitteren Ende durchs Dorf getrieben. Selbst die Bandkollegen von Eaton sollen das nie ganz verstanden haben, sie versichern auch, diese Songs vor der Aufnahme nicht geprobt zu haben. Die Apokalypse mal beseite – was für eine Musik tut sich hier auf. ein Strudel aus warmen Hymnen und jubilierenden Alt-Country-Songs, die klingen, als hätte die Kapelle der Heilsarmee mit Bob Dylan und Country Joe And The Fish ein „Greatest Hits“-Album aufgenommen. Trauermarsch, Bibelkreisbluegrass, Heldenlieder und Himmelstürmer: Es sind Lieder, die vom Hereinfahren der Stimmen und Instrumente leben oder gleich in Schönheit sterben. Invollem, rührenden Brass-Outfit, mit den letzten Mandolinen und Banjos, die aufzutreiben waren. Einmal werden ein paar Jazz-Bläser genial in ein katatonisches Stück Rock geschraubt („When We Go, How We Go [Part II]“), dann lassen sie 100 Jahre Folk-Pathos vom Stapel, mit Bläsern, Violinen und „My Children Bejoyful“-Chor samt einer Melodie, die sich immerfort hochschraubt, dass einem die Tränen in die Augen steigen. Man möchte nicht als Pferd wiedergeboren werden, aber wenn einem keine Wahl bliebe, wollte man wenigstens in diesen Rock-Plaza-Liedern laufen, ums Leben natürlich.

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