Rahsaan Roland Kirk :: Spirits Up Above: The RRK Anthology – The Atlantic Years 1965-1976

Rhino/Warner Music

Ein nicht ganz befriedigender Streifzug durch die innovative Werkphase des Jazz-Meisters.

Man muss nicht lange erklären, warum der 1977 verstorbene Saxofonist ein Ausnahmemusiker war. Ein paar Fakten genügen. Kirk konnte die schon im zweiten Lebensjahr erlittene Blindheit durch unglaubliche musikalische Energie kompensieren. Er schaffte es, mehrere Instrumente auf einmal in die Hand zu nehmen und zu spielen, auch eigens für ihn und von ihm angefertigte. Er hat sich vom Erbe des Hard Bop gelöst und sich auf immer wieder neue Fusionen eingelassen. Einige Glanzpunkte seiner Arbeit bekommt man auf dieser mit 22 Aufnahmen bestückten Compilation zu hören. Natürlich sind die Titelsongs von drei wichtigen Atlantic-Alben dabei. Die zwischen Drama und Träumerei changierende Komposition „The Inflated Tear“. Der von Black Power und frühen Funk-Ahnungen befeuerte Jam „Volunteered Slavery“, in dem auch Harmonien von „Hey Jude“ ihren Platz haben. Und „Blacknuss“, Kirks Fazit einer Reise durch Standards des Soul. „Spirits Up Above“ lässt den Geist erahnen, der im Musical „Hair“ steckte. Aber man merkt auch, dass man es mit einer wertkonservativen Auswahl zu tun hat. Verantwortlich dafür sind Florence Halfon, die für den Jazz-Katalog zuständige Mitarbeiterin von Warner UK, und Jon Newey, Redakteur des britischen „Jazzwise“-Magazins. Sie haben sich nicht recht getraut, mehr auf den gigantischen Wahnsinn einzugehen, der Kirk so einzigartig gemacht hat. Nur eine Auskopplung aus dem tollen Orchesteralbum Left & Right? Warum nur so wenige Beispiele aus der Abteilung Groove, in der sich Kirk so oft und mit Verve austobte? Keine „High Heel Sneakers“? Keine afrozentrische Meditation wie „Rahsaanic“ und kein experimenteller Freakout wie „Celestial Blues“? Selbst die Version von „I Say A Little Prayer“ fehlt. So entsteht nur ein unvollständiges Bild vom Schaffen eines Einzelkönners, der nicht nur im Jazz viele Freunde hat.