Planningtorock :: W

DFA/Coop/Universal

Avant-Disco: Das zweite Album der multiinstrumentalen Künstlerin aus Berlin

Es ist sehr davon auszugehen, dass die Verbindung von Planningtorock und dem DFA-Label, die mit diesem Album gekrönt wird, auf das Jahr 2007 zurückzuführen ist. Damals war die multiinstrumentale Musikerin und multitalentierte Künstlerin Janine Rostron im Vorprogramm von LCD Soundsystem aufgetreten. Wir erinnern uns an das Konzert im März vor vier Jahren in der Elserhalle in München, als Rostron nach ihrem Auftritt fast andächtig oben auf der Galerie gegenüber der Bühne saß und Murphy und Liveband bei der Entfachung ihrer Disco-Extravaganza zugesehen hat. James Murphy seinerseits ist mit seiner eigenen Musik und der seines Labels auf der Suche nach dem mythischen New York der späten Siebziger- und frühen Achtzigerjahre und jener Ära, in der – zumindest retrospektiv – kein Widerspruch bestanden hat zwischen Disco und Avantgarde, zwischen der Paradise Garage und No Wave. Fündig kann Murphy in seiner Funktion als Talentscout überall werden, auch in Berlin, wo Janine Rostron lebt. Planningtorock ist die Lady Gaga der Gegenkultur, eine zeitgenössische Version von Colette Justine (Justine & The Victorian Punks), deren 1979er Single „Beautiful Dreamer“ vor Kurzem auf DFA wiederveröffentlicht wurde. W, der Nachfolger von Have It All, 2006 auf Chicks On Speed Records veröffentlicht, ist ein Manifest der musikalischen Befreiung: Elektro-Pop, der sich gerade eben aus der Disco verabschiedet hat, avantgardistische Vokaleskapaden, die den Eindruck erwecken, als ob sie sich auf Genderdiskussionen erst gar nicht einlassen würden, Streicherkaskaden, Kakophonie, Neo-Klassik und Minimal Music. Fast am Ende dieses Albums kommt dann die Coverversion von Arthur Russells (für die Zwecke von Planningtorock sehr treffend betitelten) „Janine“ – Arthur Russell der große New Yorker Disco- und Avantgarde-Fusionierer, hier einmal als Singer/Songwriter.

Retro Stefson