Plan B

Ill Manors

679/Atlantic/Warner

HipHop: Plan B kehrt dem New Soul den Rücken und klingt auf seinem dritten Album so wütend wie nie zuvor.

Die Olympischen Sommerspiele 2012 in London sind vorbei. In Erinnerung bleiben grandiose und prall gefüllte (nachhaltige) Sportstätten, sensationelle Fernsehbilder, ein wunderbares Publikum und als Bonbon die höchst gelungene Eröffnungsfeier sowie die Schlussveranstaltung. Selbst das Wetter hat mitgespielt, nicht einmal der berüchtigte Londoner Straßenverkehr ist kollabiert – da bleibt wenig Platz für Kritik an der Großveranstaltung. Und davon gab es reichlich im Vorfeld, auch von Ben Drew alias Plan B. In unmittelbarer Nähe zum gigantischen Olympiapark in Stratford, der auf einer verseuchten Industriebrache errichtet wurde, befinden sich nämlich einige Problemviertel, die natürlich nicht Ausflugsziel der zahlungskräftigen Besucherströme waren. Wie zum Beispiel der von Kriminalität geplagte Ostlondoner Stadtteil Hackney, in dem die über ganz England verteilten Unruhen vom August 2011 besonders heftig ausuferten. Plan B hat sie zum Anlass genommen, den vorab als Single veröffentlichten Albumtitelsong „Ill Manors“ (der mit einem Sample aus dem Song „Alles neu“ von Peter Fox arbeitet) zu schreiben. Dann drehte Drew noch das gleichnamige Sozialdrama „Ill Manors“, das in seinem ebenfalls im Osten Londons liegenden Geburtsviertel Forest Gate/Newham spielt und in dem acht sozial benachteiligte Hauptpersonen in einer Spirale aus Gewalt, Drogen und Prostitution gefangen sind – als Opfer ihres Lebensraumes, der Hoffnungen und Träume zerbersten lässt.

Ob die postolympische Zeit daran wohl etwas ändern wird? Plan B stellte den drastischen Film in Cannes vor, aber nicht alle Songs vom Album Ill Manors finden sich auf dem Soundtrack (der Score liegt der 2-CD-Deluxe-Edition des Albums bei). Einige Songs hat Plan B erst nach der Fertigstellung des Films unter Zeitdruck geschrieben, um sein drittes Album punktgenau zu den Olympischen Spielen zu veröffentlichen. Fans des famosen, millionenfach verkauften New-Soul-Vorgänger-Albums The Defamation Of Strickland Banks aus dem Jahr 2010 könnten vom dritten Album des 28-Jährigen enttäuscht sein, Plan B geht hier mit wenigen Ausnahmen („Deepest Shame“) ganz andere Wege und kehrt zum HipHop zurück. Allerdings fehlt zumeist die Akustikgitarre, die noch sein Debüt Who Needs

Actions When You Got Words (2006) mitprägte. Dafür kommt Ill Manors viel härter, wütender und düsterer daher, arbeitet mit unrunden Ill-Beats, pumpenden Rhythmen („Drug Dealer“), Rocksteady-Einflüssen, Metalbreitseiten und lässt wie in „Pity The Plight“ den Punk-Poeten John Cooper Clarke zu Wort kommen. Ben Drew ist gerade mal 28 Jahre alt und jetzt schon einer der wichtigsten Musiker Englands.

Key Tracks: „Ill Manors“, „Deepest Shame“, „The Runaway“