Phosphorescent

Muchacho

Dead Oceans/Cargo 15.3.

So berückend kann alternativer Country sein, wenn er den Country mal für ein paar Minuten hinter sich lässt.

Schwer zu sagen, wer Matthew Houck gerne wäre. Den großen Willie Nelson hat er bereits in Albumform gewürdigt, wobei er selbst meistens wie eine Mischung aus Neil Young (die Stimme) und Will Oldham daherkommt (alles andere). Muchacho beginnt und endet mit einem sehr pastoralen Chorgesang („Sun, arise!“), der rahmt, was dazwischen alles passiert. Und das ist großes Theater – oder wenigstens großes Gefühl. Und – ach! – so schön auch die akustischen Pirouetten, die direkt aus dem legendären Penguin Cafe Orchestra („Music For A Found Harmonium“) stammen könnten und mit denen „Song For Zula“ melancholisch dahergekreiselt kommt. Es vergehen und verwehen ein paar weitere Kompositionen von schluchzender Schönheit („Ride On“), bis das Album allmählich preisgibt, was man bis dahin nicht ahnen konnte – es ist ja alles auf Country gebaut! Elektrifizierte Stahlgitarre, handelsüblichere Harmonien, solche Sachen. Den Country-Verächter mag das schocken, der Kenner schnalzt mit der Zunge, und der Verächter beruhigt sich dann auch wieder. Was Sufjan Stevens der Folk, das ist eben Houck die gediegene Americana. Und ähnlich wie Stevens transzendieren Phosphorescent den ursprünglichen Stil mittels purer Emphase und Melodienseligkeit. Diese Trompeten! Dieses südstaat­­liche Gefühl! Calexico mit ihrer, pardon, Wüstenkaktussimulationskacke passen hier zweimal rein. Was Phosphorescent leisten, ist immer eine Verfremdung zur rechten Zeit. Auch wenn sie hier sehr spät kommt, ganz am Ende, wenn der einleitende Chor als „Sun’s Arise“ wiederkehrt – und die Vielstimmigkeit plötzlich einen bösartigen Einschlag bekommt. Muss man gehört haben.