Phoenix – It’s Never Been Like That :: Der Wille zum Pop

Fast wöchentlich werden derzeit neue Retter des Rock ausgerufen, und wenn die ungestümen Jungsensationen nicht aus Leeds, Manchester oder London stammen, dann kommen sie aus New York-aus Paris ganz bestimmt nicht. Gewiß, neben dem Nouveau Chanson a la Benjamin Biolay kreuzen längst elektronische Vergnügungsdampfer wie Air und Daft Punk durch den Mainstream. Daß sich aber in deren digitalem Fahrwasser auch handfester und handgemachter Pop tummelt, ist bisher allzu leicht übersehen worden und das gut gehütete Geheimnis einiger weniger geblieben – wie beispielsweise Sofia Coppola, die einen Titel von Phoenix auf den Soundtrack zu „Lost In Translation“ gepackt und die Jungs aus Versailles damit weltweit bekannt gemacht hat, bis nach Tokio und darüber hinaus. Dabei ist „Too Young“ fünf Jahre alt und vom funkigen Debüt-Album united, mit dem Phoenix – nach einer Tournee als Backing- Band von Air und mit Hilfe des Daft-Punkers Thomas Bangalter am Keyboard – im Jahr 2000 die Musikwelt überraschten. Auf dem Nachfolger Alphabetical waren dann auch schon alle Anflüge von ironischem Eighties-Kitsch getilgt, die Gruppe um Sänger Thomas Mars und Bassist Deck D’Arcy suchte (und fand) ihr Heil in einerbezwingenden Bündelung aus Groove und Melodie, sogar ein kleiner Hit („Everything Is Everything“) und eine ausgedehnte Welttournee waren drin. Nachdem diese gerne mal ausufernden Sessions auf LIVE! THIRTY DAYS AGO dokumentiert waren, machten sich Phoenix in einem Ostberliner Studio an die Arbeit zum dritten Album, It’s Never Been Like That lebt, wie seine Vorgänger, vom Willen zum Pop und Mars‘ warmer Stimme. Neu dazugekommen ist nur, was inzwischen alles fehlt: das Schnörkelige, Sahnige, Arabeske. Auch in Frankreich hört man The Strokes und Franz Ferdinand. Selbst so, im Sound ganz reduziert auf Baß, Gitarre, Schlagzeug und Gesang, bleiben Phoenix unverkennbar Phoenix – und bieten sich doch an als alternative Retter des Rock, allerdings mit Wurzeln im OEuvre von Prince, nicht im Punk. Damit wir das auch merken, schlendert am Ende mancher Songs die Bassdrum unverdrossen weiter, stoisch, als sei es immer schon um den Beat gegangen. Schlanke, präzise Fuß wipper sind das, befreit von allem Ballast und doch mit überraschenden Wendungen, sei’s die überstürzte Prog-Miniatur „Rally“. das hypnotische Instrumental „North“, das riffverliebte „Sometimes In A Fall“ oder das herrlich melodische „Second To None“ mit seinem Refrain „I thought I heard a lie“, der von Mars im besten Northern-Soul-Stil so lange wiederholt wird, bis die Worte im Kopf plötzlich einen ganz eigenen, eigentümlich fremden Klang annehmen. Aller Ambition und Euphorie zum Trotz kommt dieses Album übrigens ohne ein einziges E-Gitarrensolo aus, und das sogar sehr gut. Auch ein Alleinstellungsmerkmal.

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