Philip Selway :: Familial

Bella Union/Coop Music

Der Radiohead-Drummer spielt in seinen eigenen zehn Wänden den Bedroom-Pop, der nicht im Programm seines Hauptarbeitgebers ist.

Dass dieses Album so etwas wie eine Überraschung darstellt, mag nur daran liegen, dass der Schlagzeuger in der vollkommen überholten Band-Hierarchie des Rock’n’Roll immer noch den letzten Platz einnimmt – hinter Sänger, Gitarrist und Bassist. Fürs erste Solo-Album aus den Reihen eines so wackligen Gesamtkunstwerkes wie einer Band ist traditionell der Sänger oder Gitarrist verantwortlich. Da hilft es auch wenig, dass Philip Selway der Drummer einer der zehn bekanntesten Bands der Welt ist. Radiohead-Kollege Thom Yorke hat ja schon eine eher mediokre Vorlage gegeben. Warum checkt niemand die Großartigkeit von THE ERASER? Plattenmeister Koch Philip Selways Debüt FAMILIAL steht jedoch weit mehr in eigenem Recht als die immer etwas gut gemeinten, politisch unterfütterten Electro-Rock-Arbeiten Yorkes, die im Zweifelsfall auch nur beweisen wollten, dass der Künstler ohne das Kollektiv zu überleben in der Lage ist. Selway spielt abseits aller Radiohead-Raffinesse, er sucht in diesen zehn Beiträgen einen eigenen Zugang zum Song und findet ihn irgendwo auf halber Strecke zwischen Folk und Pop. Dabei gelingen ihm stille Kammermusiken wie „By Some Miracle“ und „The Ties That Bind Us“. Wenn dann noch ein Flügelhorn auftaucht („All Eyes On You“), ist das schon das Höchste der Gefühle. In seinen eigenen zehn Wänden ist der Schlagzeuger ein Gitarrist und Leisetreter, er hat ein paar Freunde um sich versammelt, die für kleine instrumentale und vokale Spitzen sorgen (Lisa Germano, Patrick Sansone, Wilco-Drummer Glenn Kotche), das reicht. In diesem Universum könnte Philip Selway ein guter Freund von Graham Coxon (Ex-Blur) sein.

www.bellaunion.com

CD im ME S. 21