Pentangle – The Time Has Come: 1967-73

Man stelle sich vor, die Fab Four aus Liverpool hätten schon vor ihrem weltweiten Durchbruch als Band als Solokünstler reüssiert und erst dann die Supergroup The Beatles gegründet. Dieses fiktive Szenario erschließt den Brit-Folk-Unkundigen in etwa das Ausmaß der Sensation, als sich 1967 das Quintett Pentangle formierte. Ais virtuose Meister, die etwa die Unplugged-Fantasien von Led Zeppelins Jimmy Page anstachelten, Pop-Barde Donovan Ahnung vom Fingerpicking vermittelten und auch Paul McCartneys Akustikgezupfe auf dem „Weißen Album“ inspirierten, galt das Gitarren-Duo Bert Jansch und John Renbourn ohnehin. Jacqui McShee, die ausschließlich im Sitzen sang, wird auch noch vier Jahrzehnte später von Eingeweihten ehrfurchtsvoll in einem Atemzug mit Folie-Ikone Sandy Denny genannt. Bassist Danny Thompson und Schlagzeuger Terry Cox wiederum, schnöde abgeworben von Alexis Korners Blues Incorporated, gingen als ebenso präzises Rhythmusgespann in die britische Blues-Historieein wie die Fleetwood-Mac-Gründungsmitglieder Mick Fleetwood und John McVie. Über einen einzigen Achtungserfolg mit dem Chartshit „Light Flight“, Themenmelodie des BBC-TV-Dramas „Take Three Girls“, kam das 1973 durch Drogenprobleme aufgeriebene Gespann nicht hinaus. Das musikalische Erbe mit sechs exzellenten Alben im Kontext zwischen Folkjazz, Pop und Fernöstlichem erhielt in den vergangenen Jahren wieder Aufmerksamkeit im Zuge des New-Folk-Revivals. Aufder4-CD-Retrospektive The Time Has Come: 1967-73 mischt sich hinlänglich Bekanntes mit Rarem und Unveröffentlichtem. Die CDs eins und zwei präsentieren Auszüge von regulären Alben, aber auch Alternative Takes: Etwa „Mirage“ vom Debüt Pentangle, „Moon Dog“vom Nachfolger Sweet Child und „Once I Had A Sweetheart“ vom hervorragenden Doppelalbum Basket Of Light. Dazwischen gestreut wurden Non-Album-Singles wie „Travelling Song“, B-Seiten („I Saw An Angel“, „Cold Mountain“) und auch Aufnahmen von BBC-Sessions („In Your Mind“, „Sovay“). Doch auch Soloarbeiten Janschs und Renbourns wird Platz eingeräumt. CD Nummer drei komplettiert in neuer Reihenfolge sämtliche noch erhaltenen Aufnahmen eines Konzertes in der Royal Festival Hall vom 29. Juni 1968, das die erste Hälfte des zweiten Pentangle-Albums Sweet Child einnahm. Unterschiedlichen Ursprungs sind die 14 Aufnahmen auf Disc 4: diverse Konzertmitschnitte plus Aufnahmen von TV-Auftritten und für Soundtracks. Das von Colin Harper, Autor der Bert-Jansch-Biografie „The Dazzling Stranger“, verfasste Booklet hält auf knapp 50 Seiten in Wort und Bild die Essenz der Bandhistorie fest. Dazu erzählt er zahllose faszinierende Anekdoten über Legenden wie Jimi Hendrix und Grateful Dead. Schlicht umwerfend die Geschichte vom Isle-Of-Wight-Festival 1970. wo ein akutes Toilettenproblem dafür sorgte, dass Weltstars ihre Notdurft in der Pampa verrichten mussten und Weltverbesserin Joan Baez als Einzige ihr eigenes Klohäuschen mitbrachte – das außer ihr allerdings niemand benutzen durfte.

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