Pauls Jets
Highlights Zum Einschlafen
Lotterlabel/Sony (29.05.)
Scherben, die vom Himmel fallen und tanzbare Architektur: Der Indiepop der Österreicher erfährt auf dem zweiten Album relevante Erweiterungen.
Schon dem vor etwas mehr als einem Jahr veröffentlichten ersten Album von Pauls Jets durfte man eine bemerkenswerte Vielschichtigkeit bescheinigen. Dass auch HIGHLIGHTS ZUM EINSCHLAFEN in alle Richtungen blickt, ist also nicht unbedingt eine Überraschung, und doch herrschen erhebliche Unterschiede.
AmazonWo beim Debüt der Titel ALLE SONGS BISHER in die richtige Rezeptionsrichtung verwies – das war, nun ja, eine Sammlung sehr guter Songs –, gelingt es der Band jetzt, eine Gesamtstimmung zu erschaffen: Dieses Album inkludiert alles Mögliche und bleibt doch stringent, ist ein Kessel Buntes, in dem alle Farben zusammenpassen, ein Haufen Scherben, der in den Himmel geworfen wurde und als prachtvolle Vase wieder hinunterkam.
Die benutzten Produktionsmittel sind üppig, sie reichen von der akustischen Gitarre über mehr Tasten als zuletzt und vogelwilde Bläser bis zu vernebelten Autotune-Effekten, wenn nötig, werden sie aber auf Null zurückgefahren. Trap ist auch wichtig – wobei der Song, in dem von Trap erzählt wird, mit Trap gar nicht so viel zu schaffen hat. Warum auch, „Da da da“ ist schließlich auch keine Trio-Coverversion! Mögliche Verbindungen zu gegenwärtigen Protagonisten kontemporärer deutschsprachiger Popmusik sind zurückgefahren worden, stattdessen führen die Pfade in das Beste aller Dekaden, erlauben es dem Hörer, Parallelen zu Roxy Music ebenso zu ziehen wie zum Jangle-Pop der 80er-Jahre oder den Postmodern-Psychedelismen eines Ariel Pink.
Dass all das zu einer sehr geschlossenen Klangästhetik führt und damit erwähnter Gesamtstimmung dient, liegt an Paul Buschneggs Art zu singen. Seine Stimme ist sehr eigen, beinahe naiv, sie transportiert gleichzeitig ewiges Staunen und Gedankenschwere. Vor allem aber hat es eine Menge mit den Texten zu tun, die er schreibt. Sie sind von einer eigenartigen Konkretheit – „Schauen wir Filme über Ritter!“, singt er einmal – und gleichzeitig voll von der Lust am Abseitigen: Im Bonustrack „Villa Tugendhat“ veralbert er gemeinsam mit dem Feature-Gast RektorBust den Hörer mit tausend Wortspielen um das titelgebende Denkmal der Baumoderne und seinen Erschaffer Mies van der Rohe. Und da soll noch mal jemand sagen, zu Architektur könne man nicht tanzen!