Patti Scialfa – 23rd Street Lullabye
Ihr Debüt, rumble doll I von 1993, gehört mit zum Schönsten, was in den Neunzigern in Sachen gediegener I Songwriter-Rock zu hören war – ging aber seinerzeit im GrungeGetöse unter. Elf Jahre, drei Geburten und diverse Tourneen mit der E Street Band später nun also der lang erwartete zweite Streich von Redhead Patti. Und die hat weit mehr zu bieten als eine markante zweite Stimme und ein paar Gitarrenakkorde, die sie zur E Street Band beisteuert. Die Lady ist eine Songwriterin von ganz eigenem Profil und mit ganz eigener Weitsicht. Das hohe Niveau von rumble doll hält sie locker, auch wenn das aktuelle Werk erheblich dezenter und nachdenklicher ausgefallen ist. Diesmal ist Retrospektive in eigener Sache das Thema, zurück richtet sie den Blick auf ihr New York der siebziger, achtziger Jahre. Nicht umsonst gibt es in „You Can’t Go Back“ ein charmantes Zitat des „Walk On The Wild Side“-Intros. Songs wie der Titeltrack, „Rose“ oder „Chelsea Avenue“ erzählen von alten Zeiten, alten Freunden, alten Träumen. Das allerdings weder nostalgisch noch bitter, sondern warmherzig und weise. Musikalisch bewegt sie sich, wie nicht anders zu erwarten, auf dem Feld, das schon rumble doll beackerte: verhaltener Rock mit gelegentlichen Gospel- und Folkeinflüssen, hin und wieder Ausbrüche in gepflegt bluesgefärbten Streetrock und ins Balladenfach. Wo Heartbreakers-Gitarrist Mike Campbell rumble doll als Produzent noch jede Menge Byrds-Jangle verpasste. kümmert sich Steve Jordan hierverstärktumdie Grooveseite , weshalb 23RD street lullabye das deutlich modernere Klanggewand trägt. Scialfas ausgeprägter Sinn für einprägsame Melodien und für effiziente Songdramaturgie geben dem Album gleichsam das konservative Element. Was 23RD street lullabye indes zu einem ganz persönlichen, ganz und gar nicht beliebigen Statetement macht, ist die einzigartige Stimme und der wunderbar herzwärmende Gesang der Lady. Ein schönes, ein gelassenes Album, auf dem es einige fantastische Songs zu entdecken gibt. Da muss sich der Herr Gemahl beim nächsten Mal schon ziemlich anstrengen.
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