Eigentlich skandalös: Lee „Scratch“ Perrys Karriere blieb filmisch bislang unaufgearbeitet – bis jetzt. Um seinem komplexen Lebenslauf gerecht zu werden, in dem er maßgeblich die Entwicklung von Ska, Rock Steady, Reggae und vor allem Dub vorantrieb sowie zahllose Pseudonyme (u.a. Pipecock Jackxon, The Upsetter) benutzte, gingen die beiden Regisseure Ethan Higbee und Adam Bhala-Lough in die Vollen: Auf „The Upsetter“ heben sie zahllose und teils unveröffentlichte Archivschätze, kombiniert mit aktuellem Material. Faszinierend sind die ungeheuren Verflechtungen des jamaikanischen Musikgeschäfts von den späten 50er-Jahren bis heute. Kauzig bis absurd sind jene Sequenzen, in denen der ehemalige Dauerkiffer Perry, der das Rauchen und Trinken längst aufgegeben hat und mit Familie im Schweizer Exil lebt, sich im Interview stolz mit einem Früchteteller als Kopfbedeckung präsentiert. Was tut man nicht alles, um seinem Image als wirres Genie gerecht zu werden. Im englischen Original übernimmt die Rolle des Off-Sprechers Schauspieler und Oscar-Preisträger Benicio Del Toro, der sich als großer Fan des Unikums outet. Mike Köhler