Nôze :: Dring
Get Physical/Rough Trade
Auf seinem zweiten Album präsentiert sich das Gypsy-House-Duo mehr als Jazz-Ensemble mit Hang zur Melancholie.
Franzosen neigen zu Übertreibungen, ähnlich wie Journalisten zu Verallgemeinerungen, und beides kann nerven. Die folkloristischen Einflüsse in der Musik des französischen Duos Nôze, seien es Balkan-, Gypsy-, Klezmer- oder Cumbia-Fragmente, sind solche Übertreibungen. Live, wenn alle ordentlich einen im Tee haben, mögen sie gut funktionieren, doch in Studioaufnahmen kommen sie leider manchmal karikierend, ironiefrei und so abstoßend wie eine Pantomime-Darstellung rüber. Umso mehr freut es da, dass auf Dring eigentlich nur zwei wirklich quälende Songs drauf sind: „C’era Una Volta“ und „Dring, Dring“. Der Rest ist mal wunderbar swingender („Exodus„), mal housig-treibender („When Tiger Smoked“) Jazz, mit melancholischen Pianomelodien und Chören („Cinq“!), die einem in Herz und Seele fahren wie der Soundtrack ganz trauriger, alter Liebesfilme. Auch der Ausflug in Reggae-Gefilde („In The Back Of My Ship“) gelingt, nicht zuletzt wegen der astreinen Begleitband, die sich in zwei Jahren Live-Auftritten eine virtuose Gelassenheit erspielt hat, die den Zuhörer mühelos an Karibikstrände teleportieren kann. Wenn sie jetzt noch öfter die Quetschkommoden-Schunkel-Rhythmen in den Provinzclubs lassen, in denen Gitanes-Mais-Rauchen und Crossdressing immer noch als verrucht gelten, wird alles gut.
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